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Der Kreuzweg im Paderborner Priesterseminar ist eine Arbeit von Anton Mormann (1851–1940), einem Bildhauer der Wiedenbrücker Schule. Foto: Ansgar Hoffmann
veröffentlicht am 21.03.2019
Lesezeit: ungefähr 2 Minuten

Kreuzwegstationen aus dem Erzbistum werden in der Fastenzeit an dieser Stelle vorgestellt. Die dritte Station in der Reihe zeigt die neunte Station des Kreuzweges aus der Kapelle des Priesterseminars in Paderborn.

von Claudia Auffenberg
 
Wenn man nicht wüsste, um was es bei diesem Foto geht, was würde man zu sehen glauben? Es könnte vielleicht eine Pause sein, eine kleine Rast auf dem Weg. 
Drei Männer sind zu sehen, einer liegt im weißen Gewand am Boden und scheint friedlich zu schlafen. Die beiden anderen stehen hinter ihm und scheinen zu warten, jedenfalls wollen sie ihn offenbar nicht aufwecken. Der rechte von beiden lehnt sich an einen Balken, der andere hat die linke Hand erhoben. Grüßt er oder mahnt er zur Stille? In der rechten Hand hält er einen Strick.
Als kundiger Betrachter weiß man natürlich, was man sieht, dennoch ist das Bild irritierend. Der traditionelle Kreuzweg meditiert drei Fälle Jesu, das Bild zeigt den dritten Fall. Jedenfalls steht es darunter. Aber sieht so jemand aus, der schon zweimal unter einer schweren Last zusammengebrochen und nun ein drittes Mal zu Boden gegangen ist? Müsste er nicht schmutzig sein, seine Kleidung aufgerissen, Knie blutig, das Handgelenk vielleicht gebrochen oder verstaucht? So irgendwie. Als Erwachsener fällt es sich anders wie als Kind. Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen … So leicht ist das im wahren Leben nicht. 
 
Die Haltung Jesu irritiert, diese Ruhe eines Schlafenden, dieses „In-sich-Gekehrte“, als ob ihn das, was um ihn herum geschieht, gar nichts angeht. Er hat schon einmal in so einer Situation geschlafen: beim Sturm auf dem See. Schläft er eigentlich öfter in den falschen Momenten? Über den HERRN sagt der Psalm: Der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Wie passt das zusammen? 
Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes, hieß es früher. Heute sagt die Wissenschaft das Gegenteil. Ausreichend Schlaf ist wichtig. Der Körper braucht ihn, das Gehirn und die Seele auch. Jesus hat, so erzählen es die Evangelien, in den Stunden zuvor kaum geschlafen: das letzte Abendmahl, reichlich Essen, Wein, eigenartige Stimmung, dann der Gang zum Ölberg, die Jünger schlafen, er ringt mit sich und seinem Auftrag, die Verhaftung, das Verhör vor dem Hohen Rat, die Überstellung an Pilatus, der Prozess, die Schläge der Soldaten. Wir sind am Vormittag des Karfreitags. Er hat sicher mehr als 24 Stunden nicht geschlafen. 
Jetzt liegt er da. Wie ein Schlafender, entspannt. Er ist sauber geblieben. Ob er etwas träumt?

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