Die Begegnung

Meditationen zur Fastenzeit

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Der Kirchenmaler Kaspar Schleibner (1863–1931) malte 1915 den Kreuzweg, von dem ein Druck in der Schloß Neuhäuser Kirche St. Heinrich und Kunigunde hängt. Foto: Ansgar Hoffmann
veröffentlicht am 14.03.2019
Lesezeit: ungefähr 2 Minuten

Kreuzwegstationen aus dem Erzbistum werden in der Fastenzeit an dieser Stelle vorgestellt. Die zweite Station in der Reihe zeigt die vierte Station des Kreuzweges aus der Pfarrkirche St. Heinrich und Kunigunde in Paderborn-­Schloß Neuhaus.

von Claudia Auffenberg

Eine Mutter begegnet ihrem zum Tode verurteilten Sohn auf dem Weg zur Hinrichtung. Kann man sich eine schlimmere Situation vorstellen? Wie geht es zwei Menschen in einem solchen Moment? Wie geht es diesen beiden? Wenn man sich die Gesichter anschaut, erblickt man eine eigenartige Ratlosigkeit, vielleicht Hilflosigkeit. Immerhin ist dies ein Abschied für immer. Müsste man da nicht mehr Innigkeit erwarten, mehr Erschütterung, mehr körperliche Nähe? Sicher, Maria wird zurückgehalten, aber er hat eine Hand frei. Er könnte nach ihr greifen, stattdessen liegt sie auf seinem Knie. Woher kommt diese Distanz?

Diese Station ist keine biblische. Die Evangelien berichten nichts von einer Begegnung der beiden auf seinem Weg zum Kreuz. Historisch ist es sowieso fraglich, ob sie dort war, sogar, ob sie überhaupt in Jerusalem war. Dennoch ist die Schloß Neuhäuser Darstellung dieser Station, im Kreuzweg die vierte, biblisch inspiriert. Denn wenn man den Evangelien trauen darf, dann war das Verhältnis zwischen Jesus und seiner Mutter angespannt, manche sagen sogar: zerrüttet. Man denke nur an die Hochzeit zu Kana. Es ist kein freundliches Wort zwischen den beiden überliefert. Jesus war kein Familienmensch. Er hat gegen die In­stitution Familie rebelliert oder sagen wir so: Er hat Familie anders definiert. Die Verwandtschaft läuft sozusagen über den Vater im Himmel, er hat Geistverwandte, keine Blutsverwandte. Wenn wir von Jesus als unserem Bruder reden, wenn wir in der Liturgie ei­nander als Schwestern und Brüder anreden, meinen wir es ja auch anders.

Dass Mütter und Söhne als Erwachsene nicht immer ein inniges Verhältnis haben, ist weder selten noch neu. Auch, dass Versöhnung im Angesicht des Todes nicht automatisch gelingt. Manchmal eskaliert ein Streit dann erst richtig. Jeder kann doch solche Geschichten erzählen, über Erbstreitigkeiten, über unangenehme Begegnungen bei Beerdigungen, über die Ratlosigkeit, ob man das verstoßene Kind ans Sterbebett rufen soll oder nicht.

Bei Jesus und Maria wünscht man es sich anders. Doch die Idylle, die familiäre Harmonie, die man so gern in der Heiligen Familie sähe, findet sich hier nicht. Vielleicht können sich manche gerade deshalb darin wiederfinden.

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