26.04.2018

„Bleiben“!

Ein Anker gibt Halt, aber er fesselt nicht. Denn er ist Teil dessen, dem er Halt gibt. Foto:pixabay

Wer in Christus bleibt, kann mutig zu neuen Ufern aufbrechen.

von Klaus Fussy

Ich habe noch einmal durchgezählt: neun Mal das Wort „Bleiben“ in einem kurzen Text. Was bedeutet das? Bleiben kann nach Starrsinn aussehen: „Ich bleibe hier.“ – „Jetzt bleib ich extra“! Müssten wir nicht aufbrechen, statt zu bleiben?

In dieser Zeit der Kirche hören wir vor allem genau das: „Warum kann nicht alles bleiben, wie es ist?“ Beharrungstendenzen: „Jetzt gerade.“ Manche weigern sich, Altes zu lassen und neu zu denken und zu gehen. Das ist kein neues Phänomen: „Wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben“ (Ex 16,3).

„Ach, wären wir doch.“ – „Ach, hätten wir doch.“ Je mehr der Aufbruch angesagt ist, umso mehr kommt der Blick zurück. Doch das Damals, das geben selbst die Israeliten in der Wüste zu, hat mit dem Tod zu tun! „Wären wir doch durch die Hand Jahwes gestorben, als wir noch vor den Fleischtöpfen Ägyptens saßen.“

Das neunmalige „Bleiben“ im heutigen Evangelium ist aber ein anderes Bleiben. „Ich bleibe dabei, was ich versprochen habe, komme, was wolle!“ Das hat mit Treue und nicht mit Halsstarrigkeit zu tun. „Bleibt in mir!“

In den Erneuerungs- und Aufbruchsszenarien der Kirche von heute ist das entscheidend. Ohne Jesus können wir nichts tun, sonst liefe alles ins Verderben. Wir bastelten an einer Kirche herum, als wäre sie unsere, aber es ist seine! „Wenn der Herr nicht das Haus baut, baut jeder umsonst, der daran baut.“ (Ps 127) „Wer in ihm bleibt, der kann aufbrechen“.

Dann gilt es auch umgekehrt: „Wenn ihr in mir bleibt, bleibe ich in euch.“ Sonst hängen wir bei allen Bemühungen in der Luft. Mit ihm steht und fällt nicht nur der Neubau, sondern auch wir. Ohne ihn gingen wir drauf und bliebe alles fruchtlos. Jegliche Erneuerung hängt an ihm und nicht an uns. In dem pastoralen Raum, in dem ich lebe und mitarbeiten darf, haben wir in der Pastoralvereinbarung geschrieben: „Bei unseren Zusammenkünften ist die Heilige Schrift erkennbar in unserer Mitte. Und das praktizieren wir auch. Jegliche Zusammenkunft jeglicher Gruppe beginnt mit dem Austausch über das Wort Gottes – und das verändert und erneuert schon, denn wir gehen von ihm aus und nicht von uns.

Seit vielen Jahren lebe ich mit der Gemeinschaft SantEgidio. Drei Mal in der Woche treffen wir uns zum Gebet und hören Gottes Wort. Das lässt uns aufbrechen zu den Ärmsten der Armen unserer Stadt. Es gibt dem Engagement Schwung. Es macht mir deutlich: Ohne ihn können wir nichts tun. Diese Treue im Bleiben lässt uns hinausgehen auf die Straßen und Plätze unserer Stadt.

Denn wir wissen: Er bleibt bei uns. Seine Treue macht uns Mut und gibt uns Hoffnung …

Zum Autor: Pfarrer Klaus Fussy ist Dechant des Dekanates Bielefeld-Lippe und Pastor im Pastoralverbund Bielefeld-Ost.

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