20.12.2019

Vom Himmel hoch

Die Zeitung vom 10. Dezember 1965. Foto: Auffenberg

Dies ist eine wahre Geschichte, die sich am Vormittag des 7. Dezember 2019 in der Wohnung der Verfasserin zugetragen hat. Seit ein paar Tagen herrschte dort Dunkelheit, weil eine Jalousie sich nicht mehr hochziehen ließ. An jenem 7. Dezember, einem Samstag, rückte der Vermieter an, um im Jalousiekasten mal nachzuschauen und die vermutlich (und dann auch tatsächlich) gerissenen Bänder zu ersetzen.

von Claudia Auffenberg

Beim Öffnen des Kastens fiel eine reichlich vergilbte Zeitung heraus, mit der einst Ritzen abgedichtet worden waren. Schon aus beruflichem Interesse nahm unsereins diese natürlich in Augenschein. Es war eine Ausgabe der Westfalenpost vom 10. Dezember 1965. Eine großflächige Sektwerbung ist zu lesen, klar, Silvester stand vor der Tür, und auf der Rückseite entblättert sich – ja, wirklich! – folgende Überschrift: „Bischöfe bitten Laien um Reformvorschläge“.So ganz überraschend ist das eigentlich nicht. Denn im Dezember 1965 stand ja nicht nur Silvester, sondern auch das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils vor der Tür und die deutschen Bischöfe machten sich daran, dessen Beschlüsse möglichst zügig in die deutsche pastorale Realität zu übertragen. So wurde, wie im Artikel nachzulesen ist, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gebeten, „möglichst rasch detaillierte Pläne über eine Beteiligung der Laien an der Leitung der Pfarrgemeinden und Diözesen vorzulegen“. Wie gesagt, dass so etwas im Dezember 1965 in der Zeitung stand, ist nicht überraschend, aber wieso fällt diese Zeitung nun ausgerechnet jetzt aus dem Jalousiekasten? Gibt es eine Botschaft? Wie könnte sie lauten? Vielleicht so: Manchmal muss erst etwas kaputtgehen, um weggestopfte Wahrheiten wieder ans Licht zu holen. Oder: Wenn es dunkel bleibt, wenn einem die Sicht versperrt wird, hilft es, oben aufzumachen.

In vielen Adventsliedern wird das nahe Ende der Finsternis besungen, weil sich der Himmel zur Erde öffnet. Dies ist jetzt womöglich als Deutung eine Nummer zu groß, denn es fiel ja nur eine vergilbte Zeitung und nicht gleich der Messias herab. Aber oft kommt es doch im Leben weniger auf das Ereignis an sich an, sondern mehr auf das, was man für sich damit macht. Und das sei in diesem Fall mindestens mal folgende Ermutigung: Bleibe zuversichtlich, hab Geduld und sei offen für Überraschungen.

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