28.06.2018

Unmenschliches Europa

Bild: Timo Klostermeier

Der kurzfristig einberufene Sondergipfel der Europäischen Union zum Thema Flüchtlinge hat – wie erwartet – kein Ergebnis gebracht. Ohnehin waren nur 16 der 28 EU-Staaten vertreten. Die Osteuropäer kamen erst gar nicht. Sie verstehen Solidarität sehr einseitig. Länder wie Polen und Ungarn kassieren gerne aus dem EU-Haushalt ab. Doch mit der Verteilung von Flüchtlingen wollen sie nichts zu tun haben.

Deshalb ist auch beim regulären Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU an diesem Wochenende keine Einigung in der Flüchtlingsfrage zu erwarten. Nur eine Tendenz steht schon fest: Europa will sich weiter abschotten. Angesichts der Situation in der Welt ist dies ein Armutszeugnis für einen reichen Kontinent.

Nach aktuellen Zahlen des Flüchtlingskommissariates der Vereinten Nationen (­UNHCR) lebten Ende 2017 weltweit 85 Prozent der Flüchtlinge in Staaten mit nie­drigen oder mittleren Einkommen. Unter den zehn Staaten, welche die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, steht als einziges europäisches Land Deutschland auf Platz 6. Der Iran, der Libanon, Uganda und Pakistan haben mehr Flüchtlinge aufgenommen. Mit 3,5 Millionen Menschen beherbergt die Türkei derzeit die meisten Flüchtlinge. Dies ist auf das Geschäft mit der EU zurückzuführen. Der erneut gewählte Präsident Erdogan kassiert dafür Milliarden aus Europa.

Denn die EU lässt sich lieber auf einen Handel mit einem Despoten ein, als dass sie selbst Flüchtlinge aufnimmt. Die EU, die einst als Hort des Friedens, der Freiheit und der Menschlichkeit gegründet wurde, steht heute für Unmenschlichkeit. Wie weit dieses unbarmherzige Verhalten geht, zeigt sich darin, dass zum zweiten Mal ein Rettungsschiff mit Flüchtlingen im Mittelmeer treibt und die Anliegerstaaten ihre Häfen dicht machen.

Man kann sicher darüber streiten, welche Flüchtlinge man aufnimmt und welche man wieder abschiebt. Zunächst aber gilt es, Menschenleben zu retten. Alles andere ist einer zivilisierten Gesellschaft unwürdig.

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