18.05.2020

Tragende Übereinstimmung

Miteinander und füreinander beten– kann in jeder Krise tragen. Foto: congerdesign/Pixabay

In der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte heißt es am Ende: „Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet.“ (Apg1,14) Wenn man die Bedeutung des Wortes „einmütig“ nachschlägt, erfährt man, dass einmütig zu sein so viel bedeutet, wie in völliger Übereinstimmung zu sein. In völliger Übereinstimmung beten die Jünger zusammen mit den Frauen, mit Maria und mit den Brüdern Jesu (vgl. Apg1,14). Worin stimmen sie völlig überein?

von Jessica Bohn

Sie stimmen überein in dem Bekenntnis zu Jesus Christus, dem Auferstandenen. Nicht mehr Leid und Tod, nicht mehr die Kreuzigung Jesu bestimmen ihre Gedanken, sondern die Ostererfahrung erfüllt ihr Herz. Die Freude über die Auferstehung Jesu beflügelt ihr Leben und lässt sie geeint im Bekenntnis dazu und in der Freude darüber beten. Was kann uns heute in völliger Übereinstimmung im Gebet verharren lassen? Die Osterfreude! Denn immer noch empfangen wir durch sie Kraft, Erkenntnis, Vertrauen und Bereitschaft zur Treue und zum Bekenntnis. Auf diesem Fundament können auch wir heute in fester Gemeinschaft beten.

Dazu bereit sein

Geeint zu sein im Bekenntnis– diesen Gedanken greift auch die zweite Lesung des heutigen Sonntags aus dem ersten Petrusbrief auf. Dort wird das Bekenntnis zu Christus mit dem Leiden Jesu verbunden und es wird deutlich: Wer sich zu Jesus Christus bekennt, muss auch dazu bereit sein, Anteil an Jesu Leiden zu haben. Das Bekenntnis zu Christus darf nicht weichen, wenn es unter widrigen Umständen vertreten werden muss, aus denen sich für die Gläubigen Nachteile oder Schwierigkeiten ergeben können. Wer Verfolgung und Beschimpfung um des Namens Christi willen erträgt, erträgt es im Wissen darum, dass Jesus in allem Leid und in aller Not an unserer Seite steht und den Tod besiegt hat. Wir glauben an die Auferstehung Jesu, wir glauben an das ewige Leben. In diesem Bekenntnis sind wir als Christen geeint, denn der Zusammenhang von Leid, Tod, Auferstehung und ewigem Leben ist in unserem Glauben nichts Beliebiges, das man ausklammern könnte. Wir bekennen einmütig: Durch Leid und Tod hindurch ging Jesus und offenbarte uns, auferstanden von den Toten, das ewige Leben.

Wir wollen eins sein

Geeint im Gebet und im Bekenntnis– diese Zusammenhänge sind auch im heutigen Evangelium in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Die Verse des Evangeliums sind der Anfang des dreiteiligen hohepriesterlichen Gebetes, mit welchem die Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium schließen. In diesem Gespräch mit dem Vater betet Jesus kurz vor seinem Leiden und Sterben für jene, die der Vater ihm gegeben hat. Er betet für die Menschen und er tritt für sie ein. Mit eindringlichen Worten richtet sich Jesus an den Vater, wenn er sagt: „Sie haben wahrhaftig erkannt“ (Joh17,8). Jesus ist überzeugt: Aus der Erkenntnis der Menschen, dass der Vater es war, der Jesus gesandt hat, kommt das Bekenntnis zum Vater. Jesus betet für uns Menschen, er tritt für uns ein und zieht uns gleichsam hinein in die Liebes-Einheit mit dem Vater. Schließlich bittet er: „damit sie eins sind wie wir“ (Joh17,11b). Diese Bitte Jesu verdeutlicht, woraus unser Auftrag als Christen auch besteht: Wir sollen eins sein, eine Einheit und in tragender Übereinstimmung miteinander. Dies bedeutet, dass wir uns als Gebets- und Glaubensgemeinschaft verstehen. Wir gehören zusammen und wir wissen: In allem Leid, in jeder Krise und in jeder Trennung trägt uns unser Bekenntnis zum auferstandenen Herrn, unsere Gemeinschaft und unser Gebet, in das wir miteinander und füreinander einstimmen dürfen!

 

zur Autorin

Jessica Bohn, Diplom-Theologin, Studium der Theologie und Lehramtsstudium in Paderborn, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neues Testament an der Theologischen Fakultät Paderborn (derzeit in Elternzeit), verheiratet, 4 Kinder.

 

Info

Das hohepriesterliche Gebet

Das Gebet Jesu im 17.Kapitel des Johannesevangeliums wird auch als das hohepriesterliche Gebet bezeichnet. Dieser Name des Gebetes Jesu ist erst seit dem 16.Jahrhundert belegt. Der hohepriesterliche Charakter dieses Gebetes wird dabei vor allem an den Versen Joh17,17–19 festgemacht, wo von einer zweifachen Heiligung die Rede ist: Zum einen ist von der Heiligung der Gläubigen durch den Vater die Rede, zum anderen von der Heiligung Jesu für die Gläubigen. Es wird deutlich, dass Jesus sich ganz in den Dienst des Vaters stellt, welcher wesentlich aus der Verkündigung des Wortes und Namens des Vaters besteht und auf die Heiligung der Gläubigen abzielt. Der Ort des hohepriesterlichen Gebetes im Johannesevangelium am Ende der Abschiedsreden Jesu und vor seinem Leiden und Sterben verdeutlicht die Bedeutung dieses Gebetes: Jesus legt erneut dar, wozu und für wen er gekommen ist. Aus der Einheit mit dem Vater heraus hat er das Wort und den Namen des Vaters den Menschen offenbart, damit auch sie sich zum Vater bekennen und teilhaben können an der Einheit mit dem Vater (Joh17,21).

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