05.02.2016

„Retter des Abendlandes“?

Anlässlich des Gedenktages des heiligen Franz von Sales, dem Schutzpatron der Journalisten und Schriftsteller, lädt das Erzbistum Paderborn Medienschaffende traditionell zum Gedankenaustausch ein: Erzbischof Hans-Josef Becker und Dr. Claudia Nieser, Redakteurin der Presse- und Informationsstelle im Erzbischöflichen Generalvikariat, die das Gespräch moderierte. Foto: pdp

Paderborn (pdp/-haus). Wenn es um den aktuell vielfach geforderten Erhalt des „christliches Abendlandes“ geht, ist für Erzbischof Hans-Josef Becker oft „Etikettenschwindel“ im Spiel. Dieser Begriff werde derzeit häufig durch Proteste geprägt, die vielerorts gegen Flüchtlinge und Ausländer laut geworden seien, und damit ins Gegenteil verkehrt, sagte der Erzbischof beim traditionellen Empfang des Erzbistums für Journalisten und Medienschaffende am Gedenktag des hl. Franz von Sales.

Vor rund 50 Gästen übte Becker deutliche Kritik an dieser Entwicklung: „Niemand kann sich darüber freuen, dass Menschen sich ausgerechnet in fremdenfeindlichen Zusammenhängen für ein christlich geprägtes Abendland stark machen. Im Gegenteil, man muss dagegen protestieren, weil der christliche Glaube hier für etwas instrumentalisiert wird, was seiner Kernbotschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen direkt entgegensteht.“ Er plädierte in diesem Kontext für ein authentisch gelebtes Christsein, das sich gerade auch im Einsatz für Flüchtlinge zeige.

Er vermute, so der Erzbischof, dass das Christentum deshalb derzeit in der Öffentlichkeit so attraktiv wirke, weil es im Gegensatz zum Islam als „harmlos“ wahrgenommen werde: „Der Islam gilt vielen wohl schon deshalb als verdächtig, weil Muslime ihren Glauben sichtbar in der Öffentlichkeit leben – etwas, das man bei der Mehrzahl der Christen in dieser Form nicht mehr gewohnt ist.

Man könnte es polemisch auch so formulieren: „Das Christentum ‚stört nicht so sehr‘ in einer säkularisierten Welt“, hielt Erzbischof Becker fest.

Echtes Christsein aber dürfe sich nie nur nach innen – beispielsweise in die eigene Pfarrei – richten, sondern müsse immer auch nach außen wirken. Dies werde beispielhaft deutlich im Einsatz für notleidende Menschen – etwa für Flüchtlinge: „Dieser Dienst wird seit Monaten in beeindruckender Weise in unseren Gemeinden und Einrichtungen praktiziert!“ Doch dieses authentische Christentum sei sicher nicht gemeint, wenn auf fremdenfeindlichen Kundgebungen nach dem christlichen Abendland gerufen werde.

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