21.04.2017

Preußisch-katholisch

Pauline von Mallinckrodt – Mutter Pauline – in der Tracht der von ihr gegründeten Kongregation: der Schwestern der christlichen Liebe. Sie starb am 30. April 1881 in Paderborn.

Wenn man sich das Leben von Menschen wie Pauline von Mallinckrodt anschaut, dann kann man sich fragen: Wo­rüber reden wir eigentlich in unseren Gremien und Kommissionen?

von Claudia Auffenberg

Das ist sicher ein bisschen unfair, denn womöglich hat auch sie ihr Handeln geplant und wird in den Gremien auch über Wichtiges geredet haben, aber mindestens eins ist doch festzustellen: Ihr war klar, dass sie als Katholi­kin eine Aufgabe hat, dass sie die „Welt da draußen“ etwas angeht.

Der jetzige Erzbischof hat ja das „Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn“ unter die Frage gestellt: Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diejenigen, die diese Frage nicht als rhetorische verstanden haben, sondern nun dabei sind, nach einer Antwort zu suchen, könnten sich von ihr inspirieren lassen.

Vor 200 Jahren wurde sie geboren, ihre Kindheit ist auch im Jahr des Reformationsgedenkens interessant, war sie doch von konfessionellen Streitereien geprägt. In Minden kam Pauline zur Welt, einer Stadt, die zu diesem Zeitpunkt ehemalige Bischofsstadt, Sitz der aktuellen Bezirksregierung der preußischen Provinz Westfalen sowie Festungs- und Garnisonsstadt war. Ihr Vater Detmar war dort Direktor der Finanzabteilung. Wenige Jahre zuvor war er Regierender Bürgermeister von Dortmund und trat später als Camarius, heute würde man Kämmerer sagen, in preußische Staatsdienste. Wegen Widerstandes gegen Napoleon wurde er zum Tode verurteilt. Zur Vollstreckung kam es wegen des Sturzes Napoleons nicht mehr. Wenige Jahre später war er erneut herausgefordert, sich gegen den Staat zu widersetzen. Detmar war Protestant, seine deutlich jüngere Frau eine fromme Katholi­kin. Als Pauline geboren wurde, galt bereits eine Verordnung, nach der „alle ehelichen Kinder der Religion des Vaters folgen müssen“. Bei Zuwiderhandlung drohte Amtsenthebung. Paulines Mutter wollte natürlich das Kind katholisch taufen lassen. Der Vater war hin- und hergerissen, dann wurde Pauline so krank, dass man ihren Tod befürchtete. Der Dompropst wurde gerufen und er taufte das Kind im Haus. Pauline wurde also katholisch, ihre beiden Brüder evangelisch getauft, aber katholisch erzogen.

Als Pauline sechs Jahre alt war, wurde der Vater nach Aachen versetzt, was für ein allgemeines Aufatmen sorgte: endlich ein katholisches Umfeld, das macht doch manches leichter. Sie wuchs nun in einem Elternhaus auf, in dem über die großen Themen dieser Zeit, des 19. Jahrhunderts, diskutiert wurde: Liberalismus, Humanismus, Revolution und die soziale Frage. Bildung wird später eines der Herzensanliegen Paulines. Zugleich war es die Zeit, in der die Kirche nach der Säkularisation wieder erstarkte. Als der Vater 1839 im Alter von – Achtung! – 70 Jahren pensioniert wird, kommt die Familie ins Paderborner Land, Pauline wird Gutsherrin von Böddeken, ihre Mutter ist bereits seit vielen Jahren tot. Und hier beginnt Paulines Wirken, für das sie heute viele Menschen verehren und für das sie 1985 seliggesprochen wurde: die Zuwendung zu den übersehenen Kindern. Dieser Text schildert also „nur“ die Vorgeschichte.

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