14.03.2016

Mutprobe Leben

Aus urheberrechtlichen Gründen können wir hier die Zeichnung von Monika Bartholomé nicht zeigen. Sie finden sie in der Printausgabebdes Dom auf S. 18 oder im Gotteslob auf S. 469.

Der Deutsche an sich hat es gern sicher. Dafür hat er sich allerlei Vorschriften, Siegel und Beauftragte ausgedacht und installiert, die einem das Leben nicht immer leichter, aber dafür sicherer machen. Auf S. 469 im Gotteslob, gegenüber den Nummern 403 und 404, ist eine Zeichnung der Kölner Künstlerin Monika Bartholomé zu sehen, die offenkundig eine Leiter zeigt.

Und man erkennt sofort: Sie würde erstens niemals irgendein Sicherheitszertifikat bekommen und zweitens würde man sie so, wie sie da zu sehen ist, im Leben nicht hinaufsteigen. Sie steht auf zwei Füßen, lehnt nirgendwo an und ragt auch noch ein bisschen gebogen nach oben. Ziemlich sicher kippt sie gleich um.

Andererseits erinnert sich der halbwegs kundige Christ natürlich an die Himmelsleiter, dieses wunderbare Motiv aus dem Traum des Stammvaters Jakob, der darauf die Engel Gottes auf- und niedersteigen sieht. Eine Vision, die auch Jesus bei der Sammlung der ersten Jünger ankündigt: „Ihr werdet den Himmel geöffnet und die Engel Gottes auf- und niedersteigen sehen über dem Menschen“, sagt er im Johannes-Evangelium noch ganz zu Beginn seines öffentlichen Wirkens.

In diesen Tagen sind in vielen Kirchen Menschen eine Leiter hinaufgestiegen und haben Kreuze verhüllt. Traditionell macht man das am Passionssonntag so, obwohl die Tradition vielerorts gar keinen Sinn macht. Ursprünglich nämlich gab es in den Kirchen nur Triumphkreuze, ohne den Corpus des toten Herrn. Und sie, die Siegeszeichen, wurden verhüllt, um dann zu Ostern wieder enthüllt zu werden.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Zeichnung steht der Liedruf „Danket dem Herrn, er hat uns erhöht. Großes hat er an uns getan.“ Hat erhöht, hat Großes getan, nicht: wird erhöhen, wird Großes tun. Mit diesem Vers im Ohr blickt man etwas anders auf die Leiter. Wenn man schon erhöht ist, braucht man sie nicht mehr. Dann hat man sie längst hinter sich bw. unter sich gelassen oder vielleicht gar nicht gebraucht? Dann könnte sie ruhig umfallen, es würde einem selbst nichts passieren.

Ach, wenn man doch diese Gewissheit, dass Gott längst Großes an einem getan hat, immer im Leben fühlte oder wenigstens in den Momenten, in denen einem das Leben wie eine Mutprobe vorkommt, in denen man auf einmal im Nebel steht und die Sichtweite null Meter beträgt…

Claudia Auffenberg

Buchhinweis: Der Würzburger Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, der federführend bei der Erstellung des Gotteslob war, hat im Echter-Verlag ein Buch zu dessen künstlerischen Gestaltung herausgebracht: Zeichnung als Zwiesprache.

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