03.06.2016

Katholisches Abenteuerland

An der „Karriereleiter“, einem Projekt der Jugendwerkstatt Siegen-­Wittgenstein, herrschte großer Andrang.

Sie liegen im Liegestuhl und halten die Füße ins Planschbecken. Wer beim Katholikentag die jungen Besucher gesucht hat, der hat sie vor allem im Evangelischen Schulzentrum gefunden. Dort war beim 100. Katholikentag in Leipzig die Insel für junge Menschen. Ein besonderer Ort.

Mit beiden Armen zieht er sich an dem Holzbrett hoch. Seine Beine strampeln in der Luft, als sich der Junge mit dem Oberkörper über den Holm hängt. Die Holzstange gehört zu einer riesigen Strickleiter. An einem Kran ist sie aufgehängt und baumelt direkt neben der Leipziger Peterskirche. „Karriereleiter“ steht auf der untersten Sprosse.

Die Leiter ist ein Projekt der Jugendwerkstatt Siegen-Wittgenstein. „Das ist ein Element aus der Erlebnispädagogik“, erklärt Mitarbeiterin Freia Daub. Sie hält das Seil fest, mit dem der Junge auf der Leiter gesichert ist. Er hängt in einem Geschirr und muss Freia Daub vertrauen, obwohl er sie nicht sieht. Sein Blick geht nach oben zur nächsten Sprosse.

Die Jugendwerkstatt begleitet Jugendliche beim Berufseinstieg. Sie ist ein Zwischenschritt, deshalb ist sie bei der Leiter ein Holm in der Mitte. Die zwei Jungs ziehen daran vorbei. Mit Schwung und Kraft ziehen sie sich gegenseitig weiter hoch. Angekommen, die oberste Sprosse ist erreicht und sie drücken auf eine Tröte. Jubel und Applaus von unten. Auf der obersten Sprosse steht „Chef“. Bis dahin kämpfen sich die meisten Kinder. Denn „Chef wollen ja alle mal werden“, sagt Werkstattleiterin Ulrike Berkötter.

Entspannen darf aber auch sein. Hinter der Peterskirche verstecken Sonnenschirme eine Oase. Unter den Schirmen sind Liegestühle aufgebaut und dazwischen stehen kleine Palmen. Wer mag, kann die Beine ins Wasser halten, denn es wurden extra Pools aus Plastik aufgepustet. Dazu gibt es Livemusik, Eis und frische Cocktails. So mögen junge Menschen den Katholikentag.

Entspannt und fröhlich, so haben auch die Firmlinge vom Möhnesee das Glaubensfest in Leipzig erlebt. „Hier sind alle so freundlich“, schwärmt Hannah Bruschke. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass Ältere Vorurteile gegenüber uns Jüngeren haben“, erzählt Johanna Abel. „Das ist hier ganz anders. Alle interessieren sich für das, was wir machen und sprechen uns an.“ Diese offene Stimmung hat die Mädchen beeindruckt.

Raphael Röwekamp interessieren mehr die Diskussionen, die „harten politischen Themen“. Der 18-Jährige aus Dortmund-Aplerbeck ist begeistert vom Wissen, das die Katholikentagsbesucher mitbringen. „In den Diskussionen geht es auch darum, wie die Kirche zu gesellschaftlichen Themen steht.“ Das ist ihm wichtig. Er hat gerade Abitur gemacht und spricht über globale Verantwortung. Die Menschen beim Katholikentag seien speziell. „Allein, wie viele Kreuze man hier sieht.“ Wo? „Na überall. Als Kette oder am Armband …“ Hier versteckt niemand seinen Glauben.

Sie singen, tanzen, lassen sich gehen. Wer die Jugendlichen beim Katholikentag beobachtet, sieht sie meistens lachen. „Es ist lustig hier“, sagt die 16-jährige Elisabeth Gerlach aus Hagen und lacht. Sie sagt das nicht als Floskel. Ihre roten Locken fallen über den grünen Katholikentagsschal. Warum hier alle so fröhlich sind? „Das hat, denke ich, schon mit dem Glauben zu tun.“

Marie Eickhoff

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