30.08.2019

Katholische Weite

Foto: Thiago Cerqueira / unsplash

Während der Messe läuft ein Kind im Gang auf und ab. Na ja, eigentlich hätte man natürlich gern, irgendjemand würde es mal einfangen, aber stattdessen schließen sich noch zwei weitere Kinder an. Sie laufen hin und her, hin und her.

Augenscheinlich begeistert sie das Faktum, dass sie hier mal so richtig Strecke machen können. Hier, wo (mutmaßlich) Mama in der Nähe ist, wo es nicht regnet und kein Auto und kein E-Scooter drohen, wo man also die Größe, die Weite des Raumes genussvoll erleben kann.

So gesehen sind sie damit in einer katholischen Kirche genau richtig. Weite ist schließlich eine wichtige, ja, sogar lebens­wichtige Eigenschaft der katholischen Kirche, auch wenn die einen das nicht sehen und die anderen es nicht gern haben. Und die Messe ist der Ort, an dem diese Weite deutlich werden sollte und vielerorts auch wird: In der Regel wird die Messe in der jeweiligen Muttersprache gefeiert und nicht mehr auf Latein. Gerade in der Liturgie, so fordert es sogar das II. Vatikanische Konzil, soll nicht „die starre Form der Einheitlichkeit“ herrschen, sondern es soll Raum sein für „berechtigte Vielfalt und Anpassung an die verschiedenen Gemeinschaften, Gegenden und Völker“. Nun bedeuten Weite und Vielfalt nicht Beliebigkeit, die Frage ist: Wie können Weite und Zusammenhalt gelingen durch Regelungen, durch Zäune? Nein, das hat noch nie wirklich funktioniert. Vielmehr braucht es ein Zentrum, eine Mitte, etwas, das mich anzieht und fasziniert und zugleich meinem Leben eine echte Weite gibt.

Man sinniert gerade noch ein bisschen darüber nach, was das so sein könnte, als in der Messe vorn der Priester um den Altar geht, um den erwachsenen Messdienern und dem Kommunionhelfer die Kommunion unter beiderlei Gestalten zu reichen. Und plötzlich bleiben die Kinder wie angewurzelt stehen und schauen fasziniert nach vorn. Hoppla, hat jetzt doch jemand eingegriffen? Nein, hat niemand …

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