22.11.2017

Für den Erhalt kleinerer Gemeinden

Die Kommunionhelferin wird mit dem Leib Christi zur Wort-Gottes-Feier ausgesandt. Foto: privat

Im Interview mit dem DOM erläutern Monsignore Gregor Tuszynski, Leiter der Fachstelle Liturgie, und Stephan Lange, Leiter der Abteilung Gemeinde- und Erwachsenenpastoral der Hauptabteilung Pastorale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat, die Neuregelung zu Wort-­Gottes-Feiern.

Im Jahr 2006 hat Erzbischof Becker bereits Regelungen für Wort-Gottes-Feiern am Sonntag getroffen. Was sind die Gründe für die jetzige Neuregelung?

Worin bestehen die wichtig-
sten Unterschiede?

Gregor Tuszynski: Der zentrale Unterschied zur bisherigen Regelung besteht darin, dass die Entscheidung über die Einführung von Wort-Gottes-­Feiern an Sonn- und Feiertagen künftig der zuständige Pfarrer trifft. Er muss also keinen Antrag mehr an den Erzbischof stellen. Voraussetzung ist, dass bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, die das neue Diözesangesetz näher beschreibt. Dazu gehören zum Beispiel: Die vorhandenen Priester können nicht in allen Gemeinden an jedem Sonntag die heilige Messe feiern, ohne die als Obergrenze vorgegebene Anzahl von drei Messen pro Priester zu überschreiten. Es gibt eine verlässliche Gottesdienstordnung im pastoralen Raum bzw. Pastoralverbund mit festen Orten und Zeiten für die sonntägliche Messfeier. Wo sonntags eine Wort-Gottes-Feier stattfindet, wird nicht am gleichen Sonntag eine heilige Messe gefeiert. Eine wichtige Voraussetzung ist selbstverständlich auch, dass die Entscheidung unter Einbeziehung des Pastoralteams und nach Anhörung der jeweiligen pastoralen Gremien getroffen wird.

Bisher sollte in den Wort-­Gottes-Feiern nicht die heilige Kommunion gespendet werden. Hat sich daran etwas geändert?

Gregor Tuszynski: Jede Kommunionspendung kommt vom Hochgebet her und wird von ihm getragen. Die Kommunion gehört also von ihrem Wesen her in die Feier der heiligen Messe. Darum soll sie auch künftig in einer Wort-­Gottes-Feier in der Regel nicht ausgeteilt werden. Wo es aber aus seelsorglichen Gründen wichtig erscheint, von dieser Grundregel abzuweichen, soll das eucharistische Brot aus einer Messfeier einer benachbarten Gemeinde gebracht werden. Dadurch kann der tiefe Zusammenhang der Kommunion mit dem Gesamt der Eucharistiefeier und vor allem dem Hochgebet deutlicher zum Ausdruck kommen, als wenn die Hostien aus dem eigenen Tabernakel genommen werden.

Im Pastoralverbund Warburg wird diese Form der Verbindung einer Wort-Gottes-Feier mit dem Kommunionempfang schon seit einiger Zeit praktiziert. Haben die dort gemachten Erfahrungen die jetzige Entscheidung des Erzbischofs beeinflusst?

Stephan Lange: Für das Erzbistum Paderborn war ja bisher festgelegt, dass in sonntäglichen Wort-Gottes-Feiern keine Kommunionspendung erfolgen soll. Im Rahmen des „Zukunftsbildes für das Erzbistum Paderborn“ kündigte Erzbischof Becker an, diese Regelung bis zum Diözesanen Forum 2017 zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund beauftragte er dann im Februar 2016 Herrn Pfarrer Gerhard Pieper, den Leiter des Pastoralen Raumes Pastoralverbund Warburg, mit der Durchführung eines Modellprojektes „Wort-Gottes-Feiern am Sonntag mit Kommunionspendung“. Darin sollte erprobt werden, „wie Wort-Gottes-­Feier und Messfeier im pastoralen Raum in enger liturgischer Beziehung zueinander am Sonntag gefeiert werden können“.

Parallel zu diesem Auftrag erfolgte die Einrichtung einer diö­zesanen Begleitgruppe, die das Projekt unterstützen und für die Auswertung im Blick auf das Diözesane Forum 2017 verantwortlich sein sollte. Zu dieser Gruppe gehörten: Dr. Annegret Meyer, ­Msgr. Gregor Tuszynski, Stephan Winzek, Msgr. Uwe Wischkony, Betina Zimmermann. Aus dem Projekt selber arbeiteten Pfarrer Gerhard Pieper und Gemeindereferentin Veronika Groß mit. Die Leitung dieser Gruppe wurde mir übertragen.

Die Ergebnisse der intensiven Beratungen der Begleitgruppe und einer breit angelegten Befragung von Beteiligten und Gottesdienstteilnehmern wurden dem Erzbischof vorgestellt. Die Begleitgruppe empfahl dem Erzbischof die Fortsetzung des Modellprojektes in Warburg und eine Neufassung der diözesanen Regelung. So lässt sich sicher sagen, dass die positiven Erfahrungen mit dem Weg der Warburger Gemeinden die Entscheidung des Erzbischofs erleichtert haben.

Ist es gerechtfertigt, von einem „Warburger Modell“ zu sprechen?

Stephan Lange: Ein wichtiges Kennzeichen für den Weg im Pastoralverbund Warburg ist die intensive Vorbereitung und Begleitung der Ehrenamtlichen, die die Leitung der Wort-Gottes-Feiern übernommen haben, und der Kommunionhelfer/-innen. Dieser Weg ist als ein geistlicher Prozess gestaltet und versteht sich als Beitrag zu einer lokalen Kirchenentwicklung. Das ist sicher beispielhaft, aber nicht einmalig, denn darum bemühen sich ja auch andere Pastoralverbünde.

Gregor Tuszynski: Neu oder zumindest ungewohnt erscheint die Überbringung der konsekrierten Hostien aus einer anderen Gemeinde. Dass in einer Messfeier das eucharistische Brot mit denen geteilt wird, die nicht teilnehmen können, ist jedoch ein alter Brauch der Kirche. Hierauf basiert zum Beispiel die Krankenkommunion. Und so ist es letztlich nicht neu, was dort praktiziert wird.

Stephan Lange: Der Warburger Pfarrer Pieper ist seinerzeit mit der Leitung und Durchführung eines Modellprojektes im Rahmen des Zukunftsbildes beauftragt worden. Darüber hinaus von einem „Warburger Modell“ zu sprechen, scheint aus den genannten Gründen jedoch nicht sinnvoll zu sein.

Soll dieser Weg, wie ihn die Warburger Gemeinden beschritten haben, nun im ganzen Bistum eingeführt werden?

Gregor Tuszynski: Nein, davon kann nicht die Rede sein. Die Neuregelung, die der Erzbischof in Kraft gesetzt hat, will nicht etwas für alle einführen, sondern allen Gemeinden etwas ermöglichen, die in einer ähnlichen Situation wie die Warburger Gemeinden sind. Es müssen also künftig nicht überall Wort-­Gottes-Feiern eingeführt werden, wo eine sonntägliche Messfeier nicht mehr möglich ist. Für die Gemeinden, die dies jedoch planen, eröffnet der Erzbischof einen Handlungsspielraum und gibt dafür einen Orientierungsrahmen vor. Wo er eingehalten wird, ist dann künftig keine bischöfliche Einzelgenehmigung mehr erforderlich.

Kann es sein, dass die jetzigen Regelungen noch einmal verändert werden?

Gregor Tuszynski: Das ist natürlich möglich. Das neue Diö­zesangesetz ist ja zunächst für die Dauer von drei Jahren und „ad experimentum“, also „auf Probe“ in Kraft gesetzt. Die Pfarrer, die nach den neuen Regelungen Wort-Gottes-­Feiern an Sonntagen und kirchlich gebotenen Feiertagen einführen, brauchen den Erzbischof zwar nicht mehr zu fragen, müssen ihn aber ausführlich informieren. So lässt sich erkennen, wo, wie häufig und in welcher Form von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird. Sicher wird es zu gegebener Zeit eine Auswertung der Erfahrungen geben, die dann in das Diözesane Forum 2020 einfließen werden. In drei Jahren wird also zu entscheiden sein, ob die jetzige Regelung verlängert oder vielleicht auch verändert werden soll.

Weitere Berichte und Fotos zu dem Thema finden Sie im Dom Nr. 47 vom 26. November 2017

Stephan Lange: Die sinkende Zahl der Priester hat vor allem in den ländlichen Teilen des Erzbistums dazu geführt, dass nicht mehr in jeder Gemeinde an jedem Sonntag eine heilige Messe gefeiert werden kann. Selbst dann nicht, wenn die Priester mehrere Gottesdienste am Wochenende feiern. Wenn sich die Gläubigen sonntags aber nur noch ein- oder zweimal im Monat in ihrer Gemeinde zum Gottesdienst versammeln können und sich an den anderen Sonntagen auf Nachbargemeinden verteilen müssen, so steht zu befürchten, dass die kleineren Gemeinden nicht am Leben bleiben werden. Die Neuregelung ist daher als ein Beitrag zum Erhalt und zur Verlebendigung der kleineren Gemeinden gedacht.

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