01.12.2017

„Folge dem Stern“

Krippen in ungewohntem Freiluftambiente – als Wegweiser für den Schwerter Krippenweg fungieren leuchtend gelbe Sterne. Foto: Krehl

Schwerte. Gretas Lieblingskrippe passt in ihre Hand, die zehnjährige Schwerter Grundschülerin liebt das Streichholzschächtelchen, in das peruanische Künstler mit winzigen lackierten Salzteigfigürchen die weltbekannte Krippenszene drapiert haben. Das Peru-Kripplein wird aber nicht das kleinste Exemplar sein, das ab dem ersten Advent auf dem Schwerter Krippenweg in der Schwerter Altstadt gezeigt wird.

von Martin Krehl

Eine wunderschöne winzige Krippe ist in eine Nussschale eingearbeitet, die kann durch die Schaufensterscheibe eines Buchladens betrachtet werden. Die größte Krippendarstellung werden die fast lebensgroßen Figuren der Schwerter Künstlerin Elisabeth Stark-Reding sein. Maria und Josef messen etwa 1,60 Meter. Sie stehen in der Schwerter Marktkirche St. Viktor vor dem berühmten goldenen Antwerpener Altar.

Greta hatte ihre Schachtel­krippe schon im letzten Jahr beim Spaziergang durch Schwerte dabei, jetzt wird sie zum dritten Mal mehr als 70 figürliche Darstellungen der biblischen Weihnachtsgeschichte anschauen, die allermeisten werden ab dem 3. Dezember unter freiem Himmel zu sehen sein. Eintritt kann also gar nicht erhoben werden.

„Folge dem Stern“: Ein leuchtend gelber Stern mit geschwungenem Schweif ist die Wegmarkierung, etwa eineinhalb Kilometer müssen Besucher diesmal unter die Füße nehmen, um alle Krippen zu betrachten.

Manche sind nachts beleuchtet, fast alle werden sozusagen „himmlisch bewacht“: Elisabeth Stark-­Reding und der Designer Christoph Prausnitz haben nämlich mit Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Schwerte große Strohengel gestaltet. Die hängen an Laternen über dem Krippenweg, eine wacht über der Schwerter Polizeiwache, denn auch dort wird eine Krippe in einem Fenster stehen.

Berthold und Hille Schulze-­Zumhülsen haben die Ursprungsidee 2015 von einem Besuch in Handorf mitgebracht. „Im selben Jahr hatten wir auch schon den ersten Krippenweg in Schwerte mit 40 Exponaten“, erzählt Hille Schulze-Zumhülsen stolz. „Das ging und geht auch heute noch nur mit meinen Mitstreiterinnen aus dem Arbeitskreis Schwerter Frauengeschichten.“ Die Ruhrstadt Schwerte hat diese Attraktion also einer privaten Bürgerinitiative zu verdanken.

Die Krippen, von denen ­Hille Schulze-Zumhülsen weiß, werden im Rahmen von öffentlichen Führungen (10. und 17. Dezember, 16.00 Uhr, ab St. Viktor am Markt) auch erklärt: „Aber wir wissen eigentlich nie so genau, wie viele Krippen es wirklich sind; große und kleine Leute stellen sehr gern und ganz spontan ihre Krippe irgendwo am Weg dazu.“

Beeindruckend wird auch diesmal wieder der künstlerisch nachempfundene Flüchtlingsstrom vor der Schwerter Altstadtmühle sein. 90 Figuren wurden dafür erstellt. „Wir wollen mit den Krippen an Frieden auf Erden in unruhigen Zeiten denken“, sagt Hille Schulze-Zumhülsen, „aber wir müssen mit Maria, Josef und dem Christuskind auch an Flucht, Vertreibung und Heimatverlust erinnern.“ Damit greifen die Schwerter ein Wort des neuen Aachener Bischofs Helmut Dieser auf: „Eine Krippe macht deutlich, dass man ohne Zuflucht und Heimat nicht leben kann. Der Mensch muss wissen, wo er herkommt.“

Familienerbstücke werden stolz präsentiert, von Kinderhand gebastelte Krippen, Krippen mit hohem künstlerischem Anspruch, aber auch witzige, originelle Darstellungen der Weihnachtsgeschichte. Bei einer Krippe fehlte mal eine Figur, prompt kam ein Schild dazu: „Josef ist gerade einkaufen …“

Es gibt extra einen Krippenweg-Flyer in der Schwerter Tourismus-Beratung im Alten Rathaus/Ruhrtal-Museum am Marktplatz. Darin ist die Weg­strecke skizziert – und es wird auf die „Ausreißer“ in der Innenstadt verwiesen. So mancher Schwerter Einzelhändler wird sich auch diesmal anstecken lassen und sein Fenster in der Fußgängerzone mit einer sehenswerten Krippe ausstatten. Diese Fenster sind dann im Flyer markiert und nur wenige Gehminuten vom eigentlichen Krippenweg und der Schwerter Altstadt entfernt. Auf dem Schwerter Marktplatz präsentiert eine ganze Häuserzeile in den Fenstern je eine Krippe.

In diesem Jahr versucht die „Bürgerstiftung Rohrmeisterei“, die ein Veranstaltungszentrum in einer ehemaligen denkmalgeschützten Pumpstation an der Flussaue zwischen Altstadt und der Ruhr betreibt, Teile des Krippenweges zu beleuchten. Leider werden Exponate nämlich manch­mal Opfer von Vandalismus oder Schabernack. Es soll in diesem Jahr aber auch ehrenamtliche Krippenwächter geben, die von Zeit zu Zeit den Krippenweg ablaufen und Störenfriede in ihre Schranken weisen.

Den ganzen Text und weitere Fotos und Informationen finden Sie im Dom Nr. 48 vom 3. Dezember 2017.

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