11.12.2015

Die Früchte der Umkehr

„Schilder und ähnliche Wegweiser nutzen wenig, wenn man ihnen nicht folgt.“ Foto: chrisup/photocase

Echte und ehrliche Umkehr braucht konkreten Ausdruck im Tun und Verhalten.

Johannes, der berühmte Rufer in der Wüste. Eine außergewöhnlich charismatische Person muss er gewesen sein; scharenweise kamen die Leute zu ihm, um ihn zu hören. Er rief die Menschen zur Umkehr auf und fügte hinzu: Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen. Hierauf bezieht sich die Frage seiner Zuhörer, mit der unser Evangelium beginnt: Was sollen wir also tun? Und sie meinen damit: Wie geht das, umkehren? Und was für Früchte meinst du?

Johannes antwortete erfrischend konkret: Wer Besitz hat, der soll nicht nur 10 Prozent den Armen geben, wie damals in Israel üblich, sondern er soll teilen, das heißt, 50 Prozent abgeben.

Ein eigenes Wort richtete er an die Angehörigen zweier Berufsgruppen, an die Zöllner und an die Soldaten. Sie waren besonders gefährdet, Unrecht zu tun. Bei den Zöllnern war es wohl schon an der Tagesordnung, auf die vorgeschriebenen Steuern noch eine unverhältnismäßig hohe Sonderabgabe aufzuschlagen, die dann in die private Schatulle abgezweigt wurde, denken wir an das berühmte Beispiel des Zachäus. Und die Soldaten sind auch nicht zimperlich mit ihren Gefangenen umgegangen, wie haben sie Jesus misshandelt und verspottet! Das Interessante ist nun, dass Johannes weder von den Zöllnern noch von den Soldaten etwas völlig Unerfüllbares verlangt. Sie sollen zum Beispiel nicht ihren Beruf aufgeben. Aber er macht klar: Ihr handelt falsch! Begnügt euch mit dem, was euch zusteht, und beutet die Menschen nicht aus.

Können uns die Vorschläge, die Johannes vor 2 000 Jahren gemacht hat, auch heute noch nützlich sein? Stellen Sie sich einmal vor, Sie sollten die Hälfte Ihres Einkommens regelmäßig den Armen geben. Eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen würde damit selber zum Sozial­fall werden. Und was die Beispiele mit den Soldaten und den Zöllnern angehen: Misshandlungen und Korruption kommen, Gott sei Dank, nicht mehr in der Regelmäßigkeit vor wie damals.

Nur Beispiele

Wir sehen also, dass die Ratschläge des Johannes nicht eins zu eins auf unsere gegenwärtige Situation übertragbar sind. Aber waren sie denn damals wirklich für alle durchführbar? Was sollten denn jene tun, die nur ein Gewand besaßen, oder nichts zu essen hatten und folglich auch nichts abgeben konnten? Was war mit den Soldaten, die sich an Misshandlungen nicht beteiligt haben? Waren sie dadurch von der Umkehr befreit? Wohl kaum.

Johannes gab nur Beispiele. Er wollte deutlich machen, dass eine nur innere Umkehr, eine Umkehr nur dem Herzen nach, nicht ausreicht. Sie steht zwar am Anfang, aber wenn sie nicht mit Taten gefüllt wird, bleibt sie leer. Für manche Menschen kann eine konkrete Umsetzung durchaus so aussehen, dass sie einen Teil ihres Einkommens guten Zwecken zukommen lassen (wobei man sich immer bewusst sein muss, dass man sich den Himmel nicht erkaufen kann). Hier hat unser Papst Franziskus eine gute praktische Regel aufgestellt, indem er klarmachte, dass es nicht reicht, nur ein klein wenig vom Überfluss abzugeben: „Ich misstraue dem Almosen, das nichts kostet und nicht schmerzt“. Aber man kann auch Zeit opfern. Personen mit geringem Einkommen könnten zum Beispiel ein Ehrenamt im kirchlichen oder sozialen Bereich übernehmen. Aber auch das sind wieder nur Beispiele.

Der erste Schritt zur Umkehr ist der, sich ernsthaft zu überlegen, wie dies konkret aussehen kann. Genauso wichtig ist aber auch der zweite Schritt: Den gefassten Vorsatz mutig und zeitnah umzusetzen.

Dr. Marc Retterath

Der Autor ist Kirchenanwalt und Ehebandverteidiger am Erzbischöflichen Offizialat Paderborn und Seelsorger im Pastoralverbund Bad Lippspringe-Schlangen

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