28.03.2019

Bewährtes erhalten, Neues aufbauen

In der Wallfahrtskirche wird es auch künftig keine Einschränkungen geben. Pilger aus dem Erzbistum Paderborn und darüber hi­naus sind während des Umbaus des Klosters weiterhin willkommen.

Werl. Während der diesjährigen Wallfahrtszeit wechselt am 1. September in Werl die Leitung. Die Franziskaner-Patres verlassen den größten Wallfahrtsort im Erzbistum Paderborn. An ihre Stelle tritt ein Wallfahrtsteam. Die Vorbereitungen auf diese Veränderung, die auch einen Umbau des Franziska­nerklosters beinhaltet, laufen auf Hochtouren.

von Matthias Nückel

Gut gelaunt empfangen Pater Ralf Preker, Dechant Dr. Gerhard Best und Gemeindereferentin Ursula Altehenger die Pressevertreter. Geduldig kommen sie den Wünschen der Fotografen nach. Besonders oft wird Pastor Best abgelichtet. Er ist mit seinem Vollbart kaum wiederzuerkennen. „Jetzt Fotos für Ihr Archiv von mir zu machen, lohnt sich nicht“, erläutert er einem Fotografen. „Ich trage den Bart, weil ich eine kleine Rolle im Passionsspiel in meiner früheren Gemeinde in Lippetal übernommen habe. Ostern kommt der Bart wieder ab.“

Im Passionsspiel führt Best eine Gruppe von Kindern zu Jesus. In Werl wird er ab dem 1. September eine größere führende Rolle einnehmen. Er tritt die Nachfolge von Pater Ralf Preker als Wallfahrtsleiter an und wird mit seinem Team die Gottesdienste halten und die Betreuung der Pilger übernehmen. Denn nach 170 Jahren werden die Franziskaner Werl verlassen.

„Ein Werler geht, zwei Werler kommen“, gewinnt Pater Ralf, der in den vergangenen elf Jahren Guardian des Franziskanerklosters und Wallfahrtsleiter war, dem Wechsel etwas Positives ab. Er selbst ist gebürtiger Werler und sagt: „Dass ich damals in meine Heimatstadt geschickt wurde, war etwas ungewöhnlich. Bei den Franziskanern ist das eigentlich nicht üblich.“ Dass mit Pastor Dr. Gerhard Best und Ursula Altehenger zwei gebürtige Werler künftig dort ihre Aufgaben haben, ist dagegen nicht ganz so ungewöhnlich. Als Dritter im Bunde stößt noch Pastor Stephan Mockenhaupt zum neuen Wallfahrtsteam. Er ist ebenfalls kein Unbekannter in Werl. Denn Mockenhaupt, der bisher als Pastor in Hamm tätig war, ist als Dekanatsjugendseelsorger für das Dekanat Hellweg auch für Werl zuständig.

Respekt vor der Aufgabe in Werl hat das neue Team nach den Worten von Best, „denn wir treten in große Fußstapfen und die Erwartungen sind hoch“. Und um etwaigen Befürchtungen zu begegnen, dass nun rund um das Gnadenbild der Trösterin der Betrübten alles anders werden könnte, betont der Dechant: „Das, was Werl bisher ausgemacht hat, wird auch weiterhin bestehen bleiben.“

Die klassische Wallfahrt solle erhalten und weiter nach vorn gebracht werden, erläutert Ursula Altehenger. „Wir wollen auch Angebote für Menschen machen, die auf der Suche sind“, so die Gemeindereferentin, also Wallfahrt und Pilgern miteinander verknüpfen. Auch ökumenisch wolle man sich noch mehr öffnen, fügt Pastor Best hinzu. Das 350-jährige Wallfahrtsjubiläum im Jahr 2011 wurde schon ökumenisch begangen und auch die Motorradwallfahrt im vergangenen Jahr. Hier möchte das künftige Wallfahrtsteam noch einige weitere Akzente setzen. So soll die biblische Maria stärker in den Blick genommen werden.

Der Kontakt zum evangelischen Pastor in der Soester Kirche St. Maria zur Wiese, in der das Gnadenbild vom 12. Jahrhundert bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts stand, ist gut. Und die Soester führen ihre Wallfahrt nach Werl in diesem Jahr ökumenisch durch.

Im Blick hat man bei der Ökumene auch die orthodoxen Kirchen. „Weihbischof Dominicus hat uns da­rauf aufmerksam gemacht, dass es in Deutschland 14 orthodoxe Kirchen gibt“, berichtet Best.

Das Gespräch soll ebenfalls mit dem Islam gesucht werden. Schließlich spielt Maria im Koran eine große Rolle. „Und die Moscheegemeinde hier in Werl hatte kein Pro­blem mit der Benennung der Stadt als Wallfahrtsstadt“, freut sich Dechant Best.

Trotz der neuen Pläne und des eher kleinen Teams soll das bisherige Angebot für die etwa 100 000 Pilger, die jedes Jahr zur Trösterin der Betrübten kommen, nicht eingeschränkt werden. Gottesdienste und Beichtgelegenheiten sollen bestehen bleiben. „Wir haben uns darauf eingestellt, dass wir stramme Wochen haben werden“, meint Best – und er hofft, dass das Team in Werl noch vergrößert wird.

Mit Hinweis auf das Zukunftsbild des Erzbistums Paderborn hebt der künftige Wallfahrtsleiter hervor, dass es auch in Werl nicht ohne das Ehrenamt weitergehen könne. Dabei haben sich schon erste positive Ergebnisse abgezeichnet. „Wir haben mit allen Ehrenamtlichen, die bisher hier mitgewirkt haben, gesprochen“, berichtet Ursula Altehenger. „Die meisten sind auch weiterhin dabei.“ Einige möchten aus Altersgründen ihre Tätigkeit beenden. Doch nach den Worten der Gemeindereferentin gibt es auch schon Anfragen von möglichen neuen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.

Altehenger selbst wird auch bei den Gottesdiensten stärker mitwirken, zum Beispiel bei Wortgottesdiensten und Andachten. Zudem wird sie sich um die Frauenseelsorge kümmern und möchte Kinder und Jugendliche stärker in den Blick nehmen. „Kürzlich hatten wir ein Angebot für Kinder unter dem Thema: ,7 Fragezeichen und das Geheimnis der Basilika‘“, nennt sie ein erstes Beispiel. Das Interesse sei sehr groß gewesen. Etwa 40 Kinder nahmen an der Veranstaltung teil.

Neben den vielen pastoralen Aufgaben wird es nach dem Weggang der Franziskaner einen weiteren Kraftakt geben. Das Kloster wird umgebaut, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Dabei gibt es drei Aspekte der Nutzung. Der erste ist das Kloster als Wallfahrtszen­trum. „Der Pilgersaal wird vergrößert, um noch mehr Pilger beköstigen zu können“, erläutert Dr. Gerhard Best die Pläne. In der ersten Etage wird es Übernachtungsmöglichkeiten für etwa 80 Personen geben. „Es wird kein Hotelbetrieb sein, sondern es ist uns wichtig, dass wir die Menschen beherbergen können“, betont Best. „Das können aber nicht nur Werl-Pilger sein, sondern auch Menschen, die auf dem Jakobsweg unterwegs sind und hier einkehren“, ergänzt Ursula Altehenger.

In der zweiten Etage sollen einfache Appartements eingerichtet werden für Menschen, die in Werl eine Auszeit nehmen möchten. Schließlich werden im Klostergebäude je eine Wohnung für Pastor Best und Pastor Mockenhaupt sowie das Dekanatsbüro des Dekanates Hellweg entstehen.

Besonders freut sich das neue Wallfahrtsteam, dass es auch wieder klösterliches Leben im altehrwürdigen Franziskanerkloster geben wird. Ins Dachgeschoss werden die Werler Ursulinen einziehen. Sie bekommen dort alle für den Konvent notwendigen Räumlichkeiten wie ein Refektorium und eine Kapelle – und dazu eine Dachterrasse. Die derzeitigen Räume der Ursulinen können dann von den Schulen genutzt werden, die diese dringend benötigen. Zehn Schwestern sowie zwei indische Schwestern sollen in die neuen Konventsräume einziehen. „Vielleicht werden es ja einmal mehr“, meint Dechant Dr. Best.

Großzügiger gestaltet wird auch der Eingangsbereich, in dem sich derzeit die Klosterpforte befindet. Dort soll auch ein Laden entstehen, in dem Pilger Devotionalien kaufen können, was seit der Schließung der Buchhandlung nicht mehr möglich ist.

Ganz im Sinne franziskanischer Tradition entsteht zudem im Erdgeschoss ein Raum für Obdachlose. Menschen, die auf der Straße leben müssen, sollen dort auch übernachten können. „Wir wollen niemanden wegschicken“, betont Ursula Altehenger.

Der Umbau des Klosters wird etwa zwei Jahre dauern und während des laufenden Pilgerbetriebes durchgeführt werden, für den es keine Einschränkungen geben soll. In dieser Übergangszeit wird ein Zelt aufgebaut, das als Pilgerhalle dient. Das Wallfahrtsbüro wird in die ehemalige Buchhandlung ziehen, die das Erzbistum Paderborn für diesen Zweck angemietet hat. „Uns ist es wichtig, dass die Menschen kommen und sehen: Es geht weiter hier in Werl!“, betont Ursula Altehenger.

Wie es für die sechs verbliebenen Werler Franziskaner weitergeht, steht dagegen noch nicht fest. Drei der Patres müssen mit über 80 Jahren noch einen Neuanfang machen. „Die Neuorganisation des Ordens ist ein dynamischer Prozess“, sagt Pater Ralf Preker. Wenn man auf der einen Seite Häuser schließen müsse, bedeute dies für die dort tätigen Ordensmänner, dass sie neue Aufgaben übernehmen müssten.

Im Mai wählen die Franziskaner in Deutschland eine neue Ordensleitung. Danach dürfte sich abzeichnen, wohin die sechs „Werler“ geschickt werden.

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