15.07.2016

„Alt werden gehört mitten ins Leben“

Mitten in der Hövelhofer Fußgängerzone: Die Gäste der Tagespflege können das Leben und Treiben in der Einkaufsstraße beobachten. Immer wieder halten Passanten für ein Gespräch an. Foto: Flüter

Hövelhof. Die Stimmung ist gut unter den Gästen der Tagespflege in Hövelhof. Nach der Zeitungsrunde sind sie nach draußen umgezogen in eine Sitzecke mitten in der verkehrsberuhigten Einkaufszone der Sennegemeinde. Es gibt jede Menge zu gucken, manchmal grüßt ein Passant

von Karl-Martin Flüter

Klaus Heckmann sitzt daneben und freut sich. Der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins „Caritas-Altenzentrum Hövelhof e. V.“ hatte Bilder wie dieses im Sinn, als er im Herbst 2015 die Idee einer Tagespflege im Ortskern der Sennegemeinde vorstellte. „Hier kann es passieren, dass pflegebedürftige Menschen zufällig auf Bekannte treffen“, sagt er. „Die Tagespflegegäste sind mitten drin im Alltag. Alle reden über Inklusion, wir machen sie einfach.“

Tatsächlich schiebt, während Heckmann das sagt, eine junge Mutter ihren Kinderwagen durch die Eingangstür. Lisa Poll will nur kurz ,Hallo sagen. Drinnen wird sie herzlich gegrüßt. Jeder muss ihre Tochter, die kleine Karla sehen.

„Spontane Begegnungen wie diese sind nicht selten“, sagt Annika Michels, die Leiterin der Tagespflege. „Unsere Tür steht immer offen. Wer will, kann uns gerne besuchen.“ Manchmal kommen Bekannte, die einkaufen waren, auf ein Wort vorbei.

Berührungsängste scheint es nicht zu geben. Das war am Anfang noch ein wenig anders. Manch einer befürchtete, in der Einkaufsstraße würden die Pflegebetten raus- und reingeschoben. Die Nachbargeschäfte hatten Bedenken.

„Natürlich hätten wir es uns gewünscht, wenn ein Geschäft sich bei uns niedergelassen hätte, das noch mehr Kunden in die Einkaufszone lockt“, sagt Ingo Theismann. Er betreibt direkt gegenüber der neuen Tagespflege den Biomarkt „Ingos Naturkost“. Ähnlich war die Stimmung unter vielen Kommunalpolitikern. Die Einkaufszone war gerade erst für viel Geld neu gepflastert und attraktiver gestaltet worden – und sollte jetzt als Standort für eine Pflegeeinrichtung dienen?

Klaus Heckmann wollte genau deshalb in die Fußgängerzone ziehen. „Alt werden gehört mitten ins Leben, mitten in die Gesellschaft“, sagt er. Nur wenn man diese Offenheit wagt, ist er überzeugt, kann sich die Einstellung der ­Gesellschaft, der Jüngeren und der Gesunden, zum Thema Senioren, Gebrechlichkeit und Lebensqualität im Alter ändern.

Den ganzen Artikel sowie weitere Fotos finden Sie im Dom Nr. 29 vom 17. Juli 2016

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