Wozu sind Sie da, Franz Klösener?

Franz Klösener ist 73 Jahre alt und hat als Dekanatsjugendpfleger gearbeitet, bevor er 1985 Dozent für Sozialpädagogik in Paderborn wurde.

veröffentlicht am 20.11.2023
Lesezeit: ungefähr 4 Minuten

Als Schiedsmann ist man so etwas wie der „Friedensstifter über den Gartenzaun hinweg“. Meistens geht es bei den Fällen, die bei Schiedsleuten landen, nämlich um Nachbarschaftsstreitigkeiten. Häufig entstehen solche Konflikte dadurch, dass man einfach nicht miteinander redet. Aktuell gibt es zum Beispiel in vielen gewachsenen Nachbarschaften Umbrüche: Häuser werden verkauft, junge Familien ziehen ein. Dann treffen manchmal Welten aufeinander. Alte – ungeschriebene – Regeln werden nicht beachtet oder sind schlicht nicht bekannt. Man agiert im wahrsten Sinne des Wortes aneinander vorbei. Statt Probleme anzusprechen, ärgert man sich. 

Wenn ich angefragt werde, ist es meine Aufgabe, die Parteien an einen Tisch zu holen und beide anzuhören. Unparteiisch zu sein ist ein zentraler Aspekt dieser Aufgabe. Das ist manchmal gar nicht so einfach, denn es kommt vor, dass diejenigen, die sich an einen Schiedsmann oder eine Schiedsfrau wenden, meinen, diese müssten dann auch auf ihrer Seite stehen. Den Satz „Sie müssen mir helfen!“ hört man öfter. Dass helfen in diesem Zusammenhang nicht heißt, einseitig Interessen zu vertreten, muss man direkt deutlich machen. Anschließend suche ich dann die andere Partei auf und erkläre, dass man mich um Vermittlung gebeten hat.

Die Treffen mit mir finden an einem neutralen Ort statt: Dafür gibt es einen Raum im Rietberger Rathaus. Meine Aufgabe ist es aber nicht, eine fertige Lösung zu präsentieren: Ich zeige auf, wo das Problem liegt, und mache Vorschläge, wie man es aus der Welt schaffen kann. Die Lösung muss so aussehen, dass sie von den Parteien besprochen werden und angenommen werden kann. Ich will schlichten und einen Weg aufzeigen. Das muss man immer wieder deutlich machen. Dabei darf ich als Schiedsmann nicht vergessen, dass viele Emotionen im Spiel sind; Ärger, der sich aufgestaut hat und den Blick auf das Wesentliche verstellt. 

Franz Klösener: „Die Menschen reden zu wenig miteinander“

Letztlich geht es ja um einen Kompromiss. Der kann nur gelingen, wenn die Anliegen beider Beteiligter berücksichtigt werden und beide gleichberechtigt sind. Tatsache ist, dass die meisten Streitfälle nicht aus böser Absicht oder gar Boshaftigkeit erwachsen. Da stehen sich zwei Ansichten konträr gegenüber, und statt zusammenzukommen, schweigt man sich an. Umso wichtiger ist es, die Ursache des Konfliktes zu ergründen und aufzuzeigen.

„Die Menschen reden zu wenig miteinander“ – diese Feststellung würden wohl die meisten Schiedsleute sofort unterschreiben. Dass falsche oder fehlende Kommunikation ein Grund für viele Unstimmigkeiten ist, habe ich schon während meiner Berufstätigkeit festgestellt. Unter anderem habe ich eine Supervisoren-­Ausbildung absolviert und gemerkt, dass ich über Beratungskompetenz verfüge. 2015 bin ich aus dem Berufsleben ausgeschieden und es traf sich, dass ein Bekannter, der Schiedsmann war, mich ansprach und meinte, „das könnte doch etwas für dich sein“. Er hatte recht, kann ich heute sagen!

Ich bin kein Jurist, aber trotzdem steht das Verfahren auf sicheren rechtlichen Füßen. Denn bei dem, was beide Parteien beschließen, handelt es sich um eine „rechtsverbindliche Vereinbarung“: Man muss sich also daran halten. Und nach meiner Erfahrung passiert das auch.

Zur Person

Franz Klösener ist 73 Jahre alt und hat als Dekanatsjugendpfleger gearbeitet, bevor er 1985 Dozent für Sozialpädagogik an der ­katho in Paderborn wurde. Anschließend leitete er die Altenheime in Langenberg und Rheda. Franz Klösener lebt in Rietberg.

Aufgezeichnet und fotografiert von Andreas Wiedenhaus

Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

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