missio – „Jeder Mensch ist ein Kind Gottes“

Alljährlich lädt das Hilfswerk missio im Oktober, dem Monat der Weltmission, Gäste aus Projektländern ein, die Gemeinden besuchen und von ihrer Arbeit erzählen. In diesem Jahr war Sr. Donatella Gareffa zu Gast im Erzbistum.

Dieser Termin fand schon ohne sie statt. Eigentlich wollte Revier­förster Antonius Vollmer ihr hier ein Stück Libanon zeigen: Zedern im Sauerländer Wald. Doch angesichts der brisanten Lage reiste Sr. Donatella vorzeitig ab. (Foto: Michael Kloppenburg)
Dieser Termin fand schon ohne sie statt. Eigentlich wollte Revier­förster Antonius Vollmer ihr hier ein Stück Libanon zeigen: Zedern im Sauerländer Wald. Doch angesichts der brisanten Lage reiste Sr. Donatella vorzeitig ab. (Foto: Michael Kloppenburg)
veröffentlicht am 27.10.2023
Lesezeit: ungefähr 5 Minuten

Alljährlich lädt das Hilfswerk missio im Oktober, dem Monat der Weltmission, Gäste aus Projektländern ein, die Gemeinden besuchen und von ihrer Arbeit erzählen. In diesem Jahr war Sr. Donatella Gareffa zu Gast im Erzbistum. Angesichts der Eskalation im Nahen Osten brach sie ihre Tour vorzeitig ab.

Erzbistum (-berg). Was, so wird man Schwester Donatella am Ende des Gesprächs fragen, was macht Ihnen eigentlich Hoffnung? Eine Stunde lang hat die italienische Ordensfrau von ihrer Arbeit im Libanon erzählt. Die Nachrichten aus dem Nahen Osten sind in diesen Tagen katastrophal und beängstigend, aber wirklich gut waren sie aus dem Libanon nie. Dabei könnte es anders sein. Der Libanon sei ein „­message ­country“ hat Papst Johannes Paul II. einmal gesagt, ein Land also, das eine Botschaft habe. Und diese Botschaft lautet – noch ist hier in der Gegenwartsform zu schreiben: Das friedliche Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen ist möglich! Der Libanon ist das einzige Land im Nahen Osten, für das man das sagen kann. 

Und doch möchte man weinen über das, was Sr. Donatella erzählt. Das alltägliche Leben der Menschen ist ein Kampf. Kaum etwas funktioniert, es gibt keinen funktionierenden Staat, die Infrastruktur liegt am Boden, das Land schrammt permanent an einem Bürgerkrieg vorbei. Seit Jahrzehnten reiht sich eine Krise an die andere, 2020 explodierte im Hafen von Beirut eine riesige Lagerhalle. Fast 200 Menschen starben, Tausende wurden verletzt. Nicht nur im Hafen entstand ein riesiger Krater, auch in den Seelen vieler Menschen. Und dann – klar – auch noch Corona. Strom gibt es nur ab und zu, jedenfalls nicht zuverlässig, einmal waren sie tagelang ohne Wasser. „Da habe ich gelernt, beim Duschen mit dieser Menge auszukommen“, sagt sie und hält eine kleine Mineralwasserflasche hoch. 

Kürzer als gedacht war Sr. Donatella Gareffa als Gast von missio im Erzbistum unterwegs. (Foto: Auffenberg)

Wie immer trifft es am meisten die Schwachen und das sind im Libanon auch die Kinder und die Kranken. Für sie sind die Schwestern der Nächstenliebe da, zu denen Sr. Donatella gehört. Sie betreiben in der Nähe Beiruts eine Schule, um die herum sich inzwischen eine Art Sozialzentrum gebildet hat. Die Schwestern spürten, dass die Lage der Kinder immer schwieriger wurde. Die Armut lastet auf den Eltern, die nicht mehr ein und aus wissen. Gewalt, Missbrauch und Depressionen breiten sich aus. Manche versuchen, sich das Leben zu nehmen.  Die Schwestern reagierten mit Hilfsangeboten. Für die Kinder ihrer Schule holten sie ein paar Fachleute, nach und nach kamen immer mehr Kinder auch von anderen Schulen. „Wir haben das nicht gestoppt“, sagt Sr. Donatella. Mittlerweile gibt es ein Team von 30 Experten verschiedener Fachrichtungen, Psychologen sind darunter oder Sozialarbeiter. 

Die Christen sind für die Stabilität des Landes wichtig. In einem Film des Hilfswerkes missio sagt Bischof ­Hanna ­Rahmé: „Wenn die Christen gehen, werden wir ein Land wie alle Länder im Nahen Osten, in dem es Fanatismus und Radikalismus geben wird.“ Frage an Sr. Donatella: Warum sind die Christen so wichtig? Die Christen, antwortet sie, haben einen gewissen kulturellen Hintergrund. Sie gehörten zur Mittelklasse, die es inzwischen nicht mehr gibt, und trugen somit halbwegs zur Stabilität bei. Vor allem werden sie von den allermeisten Menschen respektiert, weil sie für jeden da sind. „Es wird viel von interreligiösem Dialog geredet“, so Donatella, „wir leben ihn. Auf unserer Ebene sind die verschiedenen Religionen kein Pro­blem.“ Was ist das Geheimnis? Warum funktioniert hier, was anderswo nicht funktioniert? Das Geheimnis sei, dass aus christlicher Sicht jeder Mensch ein Kind Gottes sei. „Wir fragen nicht: Welche Religion hast du? Sondern: Wie können wir dir helfen?“

Um diese Hilfe leisten zu können, brauchen auch die Schwestern Hilfe. Vom Staat gibt es seit Monaten kein Geld, für Schulgeld sind die meisten Leute zu arm. Hilfe kommt teils von Libanesen im Ausland, aber zum großen Teil eben auch von Hilfswerken wie missio. Diese Hilfe von auswärts wärmt ein wenig auch die Seelen der Schwestern. „Manchmal fühlen wir uns sehr alleingelassen“, sagt Sr. Donatella. Auch sie sind eben nur Menschen. „Wir arbeiten auf einer Bombe“, habe mal eine Mitschwester gesagt, die irgendwann explodieren werde. „Eigentlich sind es mehrere Bomben“, findet Sr. Donatella: die Wut der Menschen, die Angst vor einem Bürgerkrieg, das korrupte System. Dennoch drängt es sie zurück zu ihren Mitschwestern in den Libanon. Angesichts der Eskalation im Nahen Osten brach sie ihre Tour durch das Erzbistum vorzeitig ab und reiste früher als geplant in den Libanon zurück. 

Was, so fragt man nun am Ende des Gesprächs, was macht Ihnen Hoffnung? „Christus und meine Gemeinschaft“, sagt sie, „ich bin ein Mensch des Glaubens.“ Als solcher sei es ihre Aufgabe, Hoffnung zu geben. Seit fünf Jahren ist sie im Libanon. In dieser Zeit habe sie wirklich verstanden, was ein missionarisches Leben meint: to be with the ­people – bei den Menschen zu sein.  

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