Für den Erhalt der Hofsynagoge

Die Religionsgemeinschaften in Detmold sprechen sich für den ­Erhalt der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Hofsynagoge aus. (Foto: Tsungam/Wikipedia)

Im Streit um das älteste Gebäude in Detmold, das mehr als 100 Jahre lang als Synagoge diente, nehmen der Pastoralverbund Lippe-­Detmold und die anderen Religionsgemeinschaften nun eindeutig Stellung. Sie sprechen sich für eine religiöse oder gesellschaftliche Nutzung aus.

Detmold (LL/jon). Es ist das älteste Gebäude Detmolds, das noch erhalten ist: In der Bruchmauerstraße 27 steht das heruntergekommene Gebäude, das von 1633 bis 1742 als Syna­goge diente. Nun sprechen sich die Religionsgemeinschaften in Detmold und Lippe gemeinsam für den Erhalt der ehemaligen Hofsynagoge aus und bieten ihre Mitwirkung für eine neue Nutzung an.

Die evangelische Lippische Landeskirche, der katholische Pastoralverbund Lippe-­Detmold, die Jüdische Gemeinde Herford-­Detmold, das Islamische Kommunikationszentrum Detmold, die ­DITIB Detmold und Hevi, der kurdische Elternverein Lippe (ezidisch) haben eine entsprechende Erklärung verfasst: „Als Religionsgemeinschaften in Detmold und Lippe pflegen wir unsere religiösen Traditionen und Gebäude als einen wertvollen Schatz, der auch in der Gegenwart für die Gläubigen von immenser persönlicher Bedeutung ist“, heißt es darin. „Mit großer Sorge schauen wir darum zusammen mit vielen anderen auf den derzeitigen baulichen Zustand des ehemaligen jüdischen Bethauses in Detmold, das als die älteste erhaltene frei stehende Hofsynagoge Nordwestdeutschlands gilt.“ Diese scheine in ihrer Existenz akut gefährdet zu sein: „Zudem befürchten wir, dass im Zuge der Diskussion um den Wert des Gebäudes auch Haltungen, die gegen ein friedliches Zusammenleben in Vielfalt ­gerichtet sind, zum Tragen kommen.“

Hofsynagoge erinnert an die Anfänge jüdischen Lebens als Teil der Stadtgesellschaft

Die sogenannte Hofsynagoge ist eine der frühesten frei stehenden Synagogen des neuzeitlichen Judentums und ein Beweis für die Existenz jüdischen Lebens in Detmold im 18. Jahrhundert. Das in einem Hinterhof versteckte Bethaus entstand, als jüdische Familien nach der Vertreibung im Jahr 1614 wieder nach Detmold kamen. Bereits 2010 wollte der Besitzer das unscheinbare Haus abreißen lassen, was ihm aufgrund seiner historischen Bedeutung verweigert wurde. Nach wie vor versucht der Eigentümer, das dem Verfall preisgegebene Gebäude zugunsten von Parkplätzen abzubrechen. Versuche der Stadt, es zu erwerben, blieben bislang erfolglos.

Die Religionsgemeinschaften verweisen darauf, dass auf dem Hintergrund dieser Geschichte, die von jahrhundertelanger Minderheitensituation, Ausgrenzung und Verfolgung jüdischer Bürgerinnen und Bürger geprägt ist, das jüdische Bethaus in der Bruchmauerstraße von ganz besonderer Bedeutung sei. Es erinnere an die Anfänge jüdischen Lebens als Teil der Stadtgesellschaft, lege aber auch Zeugnis von der Bedrohung und Gefährdung der Jüdinnen und Juden als Minderheit ab, die schließlich in der ­Shoah auf schrecklichste Weise gipfelte.

Religionsgemeinschaften wollen aus dieser Geschichte lernen

„Als Religionsgemeinschaften wollen wir aus dieser Geschichte lernen und setzen uns heute aktiv für ein lebendiges und friedliches Miteinander vielfältiger Menschen und verschiedener ­Religionen ein“, heißt es weiter in der Erklärung. „Wir treten für ein gleichberechtigtes ­Miteinander und das Recht auf öffentliche Ausübung der verschiedenen Religionen ein, unabhängig von der Größe oder einer möglichen Minderheiten­situation.“

Darum sei der Erhalt der Hofsynagoge ein wichtiges gemeinsames Anliegen. Es gehe um die Bewahrung einer der wenigen deutlich sichtbaren Spuren jüdischen Lebens im Stadtbild und damit auch eines frühen Zeugnisses einer immer wieder gefährdeten religiösen Vielfalt. „Wir unterstützen daher die Jüdische Gemeinde Herford-­Detmold und öffentliche Akteure in ihrem Bemühen, dass das Bethaus aus dem 17. Jahrhundert an seinem Standort in der Bruchmauerstraße in Detmold erhalten bleibt. Wir bitten alle beteiligten Stellen, weiterhin das ihnen Mögliche zur zeitnahen Rettung dieses Gebäudes in Detmold zu tun“, heißt es in der Erklärung. Gleichzeitig bieten die Religionsgemeinschaften ihre Hilfe an. Denn wenn das Gebäude im Zuge einer Restaurierung einer angemessenen religiösen oder gesellschaftlichen Nutzung zugeführt werden könnte, sei dies von „unschätzbarem Wert“. Denkbar sei etwa ein Zentrum für das interreligiöse Gespräch. „In jedem Fall wollen wir als Religionsgemeinschaften gerne soweit möglich hier aktiv mitwirken.“


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