Erinnern, bewahren, vermitteln – Friedensort Wewelsburg

Seit über 40 Jahren gibt es die Gedenkstätte Wewelsburg. Ebenso wie das Mahnmal auf dem ehemaligen Appellplatz des Konzentrationslagers ­Niederhagen, erinnert sie an das Leiden der KZ-Häftlinge in der NS-­Zeit.

Im Jahr 1933 geriet die Anfang des 17. Jahrhunderts erbaute Wewelsburg in den Fokus von Reichsführer Heinrich Himmler. Er ließ das Schloss als SS-­Schule ausbauen. Um genügend Arbeiter für den gigantischen Ausbau einsetzen zu können, ließ Himmler am Ortsrand das Konzentrationslager Niederhagen einrichten. Es wurden etwa 3.900 Häftlinge deportiert. Mindestens 1.285 starben an Hunger, Krankheit, den schweren Arbeitsbedingungen oder an Misshandlungen durch die SS.

Wenige Tage vor der Befreiung der Häftlinge am 2. ­April 1945 durch amerikanische Truppen ließ Himmler die Wewelsburg sprengen. Sie brannte bis auf die Grundmauern aus, nur der Nordturm blieb stehen. Nach mehrjährigen, öffentlich ausgetragenen Diskussionen über Verdrängung, Gedenken und ­Verantwortung gegenüber der Vergangenheit traf der Paderborner Kreistag 1977 die Entscheidung zur Einrichtung einer Gedenkstätte. Die Verbrechen der SS sollten durch eine Vielzahl von Quellen, Fotos und Dokumenten belegt werden können.

Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in den Jahren von 1933 bis 1945 ist nicht zuletzt durch das Wiedererstarken rechter Tendenzen wichtig. Daher ist es für die Region von großer Bedeutung, dass es seit 1992 regelmäßig Gedenkfeiern am Jahrestag der Befreiung gibt. Im Jahr 2000 wurde schließlich ein Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer der SS-­Gewalt auf dem ehemaligen Appellplatz des KZ Niederhagen eingeweiht.

„Er ist ein Ort des Gedenkens, des Erfahrens, aber auch des Lernens.“

Das Mahnmal hat die Form eines niedrig im Grasboden eingelassenen gleichseitigen Dreiecks mit einer Kantenlänge von vier Metern. Innerhalb einer 30 cm breiten Umfassung liegt ein Feld von 119 gleichseitigen, dreieckig gehauenen Granitsteinen mit deutlichen Fugen. Der betonierte Sockelrand trägt an jeder Seite eine Edelstahl-­Abdeckplatte mit eingraviertem Schriftband, dessen Text sich in Deutsch sowie übersetzt in Englisch und Russisch auf die drei Seiten verteilt. Dort ist zu lesen: „Dieses ­Dreieck ist dem Kennzeichen der KZ-­Häftlinge nachgebildet. Am Ort des Appell­platzes des Konzen­trationslagers Niederhagen erinnert es an die Opfer der SS-­Gewalt in Wewelsburg von 1939–1945.“

Nach einer Neukonzeption der Ausstellung sagte der Paderborner Landrat Manfred Müller am 15. ­April 2010: „Dieser Boden ist ein Ort fürchterlicher Verbrechen. Er ist ein Ort des Gedenkens, des Erfahrens, aber auch des Lernens. […] Wir verneigen uns heute vor den Opfern. Wir zeigen auf, wie es dazu kam. Wir rufen dazu auf, Rechtsstaat, Demokratie und Menschenrechte zu wahren. Wir bekennen uns zum Frieden. Wir sind gefordert.“ Angesichts der Popularität der Wewelsburg in rechtsextremen Kreisen dürfen diese Worte niemals vergessen werden.

Wewelsburg. (Foto: Patrick Kleibold)

Info

Öffnungszeiten: Di. bis Fr. von 10 bis 17 Uhr, Sa., So. und Feiertage von 10 bis 18 Uhr; letzter Einlass: 30 Minuten vor Schließung. Mehr unter: www.­wewelsburg.de

Text und Fotos: Patrick Kleibold

Wewelsburg. (Foto: Patrick Kleibold)

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