Wozu sind Sie da, Frau Fecke?

Anja Fecke

Aufgezeichnet und fotografiert von Patrick Kleibold

Wozu sind Sie da, Frau Fecke?

Ich bin davon überzeugt, dass unser Glaube alle Sinne braucht. Das erlebe ich gerade im Kontakt mit Menschen mit Behinderungen. Das spüre ich aber auch bei allen Gläubigen. Wir wollen uns gerne festhalten an etwas Konkretem. Wir brauchen als Menschen die ganzheitliche Ansprache und das Erleben. Das möchte ich weitergeben. Ich bin dafür da, Menschen mit und ohne Behinderung ein gutes inklusives Leben zu ermöglichen.

Als Seelsorgerin bei den Caritas-­Werkstätten kümmere ich mich um Menschen mit geistiger Behinderung und mit psychischen Erkrankungen. Sie möchte ich unterstützen, ihnen Teilhabe ermöglichen und ihnen Lebens- und Glaubenshilfe geben. Seit dem 1. ­April bin ich zudem als Diözesanbeauftragte für Seelsorge für und mit Menschen mit Behinderung für das gesamte Erzbistum Paderborn zuständig. Ziel dieser Tätigkeit ist die gesellschaftliche Bewusstseinsbildung, indem wir Menschen gezielt dafür sensibilisieren, dass es Menschen mit Einschränkungen gibt. Es wird zwar einiges innerhalb unserer Gesellschaft für Menschen mit Behinderungen getan, doch leider werden sie noch zu häufig übersehen, auch von unserer Kirche.

„OutInChurch-­Kampagne“ zeigt viele fühlen sich nicht eingeladen

Einer meiner Träume ist daher, ein Pontifikal­amt zu Libori zu erleben, das in leichter Sprache und mit einem Gebärdendolmetscher gefeiert wird. Niemand in unserer Kirche sollte sich ausgegrenzt fühlen. Jeder Mensch sollte sich willkommen fühlen, und damit meine ich nicht nur Menschen mit einer Behinderung. Gerade die „OutInChurch-­Kampagne“ hat deutlich gemacht, dass es viele Menschen in der Kirche und auch außerhalb der Kirche gibt, die zwar einen Draht zur Spiritualität haben, aber sich eben nicht eingeladen fühlen. Viele von ihnen fühlen sich sogar dazu gedrängt, sich verstecken zu müssen. Ich glaube, diese Gruppe ist wesentlich größer als wir uns denken.

Wir müssen auf diese Menschen zugehen. Und dazu brauchen wir unter anderem eine andere Sprache, denn mit dem Kirchenwording ziehen wir keine Maus mehr hinter dem Ofen vor. Wir brauchen eine Sprache, die niemanden ausgrenzt. Und wir brauchen eine Sprache, die die Glaubens­inhalte in unsere Zeit übersetzt, sodass sich die Menschen von den Inhalten unseres Glaubens wieder angesprochen fühlen. Und mit Blick auf Menschen mit einer Behinderung brauchen wir auch eine einfachere Sprache. In meiner täglichen Arbeit versuche ich daher in Bildern zu sprechen, so wie auch Jesus in Bildern und Gleichnissen gesprochen hat, damit die Menschen es verstehen. Auch das Alte Testament ist voll von Bildern.

Glaube und Leben sollen Spaß machen

Die Sprache ist zugleich ein wichtiger Ansatz, den Menschen gegenüber Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen und ihnen zu zeigen, dass sie wichtig sind und jemand für sie da ist. Daher versuche ich in meinem Handeln zwei Konzeptsätze zu berücksichtigen: Zum einen „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ und zum anderen „Wir sind nicht Herren eures Glaubens, sondern Diener zu eurer Freude“. Das Wort Freude jedoch verwende ich nur selten, denn es hat in Kirchenkreisen etwas Überhöhtes. Ich sage lieber Spaß. Denn das Leben soll Spaß machen und der Glaube auch. Und genau das wünsche ich mir für jeden.

Zur Person

Anja Fecke (59) ist Religions- und Sozialpädagogin mit dem Abschluss Master of Arts „Theologische Bildung“. Sie arbeitet als Seelsorgerin bei den Caritas-­Werkstätten (CWW). Seit dem 1. ­April ist sie zudem als Diözesanbeauftragte für Seelsorge für und mit Menschen mit Behinderung im Erzbistum Paderborn tätig. Das Bild zeigt sie mit ihrer Hündin und „Kollegin“ Emma.

Anja Fecke

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