Franz Stock wird nicht seliggesprochen

Franz Stock wurde am 21. September 1904 in Arnsberg-Neheim geboren. Er ist eine der Symbolfiguren für die deutsch-französische Versöhnung. (Foto: Franz-Stock-Komitee)

Jahrelang hat der Vatikan eine mögliche Seligsprechung des westfälischen Priesters Franz Stock geprüft. Nach anfänglich positiven Signalen nun die Gewissheit. Er wird nicht seliggesprochen. Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker zeigt sich enttäuscht.

Paderborn/Neheim (pdp/KLEI). Der Vatikan hat das Seligsprechungsverfahren für den aus Westfalen stammenden Priester und Friedensaktivisten Franz Stock (1904-1948) nach jahrelanger Prüfung eingestellt. Das zuständige Amt (Dikasterium) für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse in Rom habe sich vorerst gegen eine weitere Prüfung ausgesprochen, teilte das Erzbistum Paderborn am Donnerstag vergangener Woche mit. Nach derzeitigem Stand seien die Voraussetzungen für eine Seligsprechung nicht mit hinreichender Sicherheit erwiesen, so die Begründung der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse.

Im Jahr 2009 hatte Erzbischof Hans-Josef Becker das Seligsprechungsverfahren für Stock eröffnet, der als Wegbereiter der deutsch-französischen Aussöhnung nach 1945 gilt. Insgesamt wurden Aktenberge mit 16 000 Seiten, formuliert in zwei Sprachen, nach Rom geschickt. Bereits davor musste die Erzdiözese eine Genehmigung von Rom einholen, um überhaupt das Erhebungsverfahren einleiten zu können. In Rom wurde das umfangreiche Material gesichtet und auf etwa 1 000 Seiten zusammengefasst, die dann von einer historischen und einer theologischen Kommission sowie von einer Kardinalskongregation geprüft wurden. Die genauen Gründe, die Rom dazu veranlasst haben, das Verfahren einzustellen, sind jedoch nicht bekannt. „Wir wissen es einfach nicht“, heißt es aus Reihen des Erzbistums.

Große Enttäuschung

„Meine Enttäuschung über die Entscheidung kann ich nicht verbergen“, sagte Erzbischof Hans-Josef Becker. Ähnlich wird es wahrscheinlich auch vielen anderen Gläubigen vor allem in Deutschland und Frankreich gehen. Erzbischof Becker dankte allen, die sich in dem aufwendigen Verfahren engagiert und für die Seligsprechung von Franz Stock eingesetzt haben. „Ich empfehle den Gläubigen weiterhin, Franz Stock als ein Vorbild im Glauben anzusehen und seiner im Gebet zu gedenken.“

Stock wurde in Arnsberg-Neheim geboren und in Paderborn 1932 zum Priester geweiht. Während der Nazi-Herrschaft betreute er als Militärgeistlicher Widerstandskämpfer und Regime­gegner in den NS-Gefängnissen. Hunderte von ihnen begleitete er zur Hinrichtung. Nach Kriegsende kam Stock in Gefangenschaft. Zunächst in Orleans und später in Chartres baute er für deutsche Kriegsgefangene ein „Priesterseminar hinter Stacheldraht“ auf. 1948 starb er mit 43 Jahren in Paris an einem Herzleiden. 2009 leitete das Erzbistum Paderborn ein Seligsprechungsverfahren für Stock ein, das ab 2014 im Vatikan weiter betrieben wurde.

Franz Stock bleibt Vorbild

Auch der Neheimer Pfarrer Stephan Jung ist enttäuscht. Er ist Pfarrer der Kirchengemeinde, aus der der gebürtige Neheimer Franz Stock stammte, und zugleich Vorsitzender des Franz-Stock-Komitees für Deutschland. „Wir sind alle traurig über die Nachricht. Viele fühlen sich mit Franz Stock verbunden und hatten auf seine Seligsprechung gehofft“, erklärt Jung. Die Verehrung des Priesters, der für viele als eine der Symbolfiguren für die deutsch-französische Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg steht, sei groß in Neheim ebenso wie in weiten Teilen Deutschlands und als Abbé Franz Stock besonders in Frankreich. „Mit der Entscheidung müssen wir nun umgehen. Aber der starken Verehrung von Franz Stock wird das keinen Abbruch tun“, zeigte sich Pfarrer Jung zuversichtlich.

Bei einer Seligsprechung stellt die katholische Kirche durch Urteil des Papstes fest, dass ein gestorbener Mensch vorbildlich aus dem Glauben gelebt hat und Christus in besonderer Weise nachgefolgt ist. Daraus ergibt sich die offizielle Empfehlung, diese Person als Vorbild und Fürsprecher bei Gott anzunehmen. Selige werden im Gegensatz zu Heiligen nur regional verehrt. Der Seligsprechung kann aber eine Heiligsprechung und damit die weltweite Verehrung der betreffenden Person folgen.

Der Seligsprechung geht ein kirchliches Untersuchungsverfahren voraus. Dazu muss das jeweilige Heimatbistum Informationen über Leben und Sterben der Person sammeln und ein Wunder oder den Märtyrertod sowie Tugendhaftigkeit und den „Ruf der Heiligkeit“ nachweisen. Dabei drückt der sogenannte heroische Tugendgrad aus, dass ein Mensch die christlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in seinem Leben in vorbildlicher Weise gelebt hat.

Zur Person

Franz Stock wurde am 21. September 1904 in Arnsberg-Neheim geboren und empfing 1932 in Paderborn die Priesterweihe. 1934 übernahm er die Leitung der deutschsprachigen Gemeinde in Paris. Später betreute er als Seelsorger Häftlinge in den Pariser Wehrmachtsgefängnissen und stand etwa 2 000 französischen Widerstandskämpfern und Geiseln auf ihrem Weg in den Tod zur Seite. 1945 wurde er, gesundheitlich stark gezeichnet, Leiter des „Priesterseminars hinter Stacheldraht“ in Chartres, das von 1945 bis 1947 Priesteramtskandidaten aus Deutschland und Österreich ermöglichte, in französischer Kriegsgefangenschaft ihr Theologiestudium aufzunehmen und fortzusetzen. Wenige Monate nach der Auflösung des Seminars starb Abbé Franz Stock 1948 in Paris mit 43 Jahren an einem Herzleiden.

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