Wozu sind Sie da, Frau Artzt-Steinbrink

Karin Artzt-Steinbrink

Aufgezeichnet und fotografiert von Martin Schmid

Wozu sind Sie da, Frau Artzt-Steinbrink?

Ich bin dazu da, etwas zu bewegen in meiner Umgebung, ruhig, aber beharrlich. Artensterben, Klimawandel und nachhaltige Landwirtschaft sind Themen, die ich anderen nahebringen möchte.

Umweltschutz war für mich früh ein Thema. Anfang der 80er-Jahre organisierte meine Familie den Widerstand mit gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wangershausen. Diese sollte gerade mal zehn Kilometer entfernt von unserem Hof entstehen. Außerdem stellten meine Eltern bereits Mitte der 80er-Jahre ihre Landwirtschaft auf ökologischen Landbau um.

Vieles war nicht geplant

Vieles in meinem Leben war nicht geplant. So kam 1986 eine Gruppe von Landwirten auf mich zu und fragte an, ob ich mit einer halben Stelle deren Erzeugergemeinschaft managen will. Es waren Biomilchproduzenten, die bis dato keine Möglichkeit hatten, diese Milch auch separat zu vermarkten. Damals war ich schon verheiratet und machte die Buchhaltung für den Maler- und Putzbetrieb meines Mannes. Mein Studium der Agrarwissenschaften an der Universität Gießen hatte ich gerade beendet.

Wir haben klein angefangen

Schließlich schafften wir es mit der Erzeugergemeinschaft, gemeinsam eine eigene Biomilch auf den Markt zu bringen. Wir fingen mit einer bescheidenen Menge von 200.000 Kilogramm Milch pro Jahr an, die wir in einer kleinen Molkerei in Sachsenberg getrennt verarbeiten ließen. 1996 hatten wir dann die Chance, die bereits geschlossene Molkerei hier in Usseln aufzukaufen. Seit 26 Jahren stehe ich als Geschäftsführerin in der Verantwortung der Upländer Bauernmolkerei, mittlerweile zusammen mit einem Kollegen. Heute verarbeiten wir jährlich rund 45 Millionen Kilogramm Milch von 115 Landwirten, denen die Molkerei überwiegend gehört. Gerade sind wir dabei, in einen Neubau umzuziehen.

Mit Hartnäckigkeit zum Ziel

Es ist nicht immer einfach, Ziele zu erreichen. Mir hilft aber, dass ich sehr hartnäckig sein kann. Ich bin keine Revoluzzerin nach dem Motto, „erstmal dagegen“. Ich schaue, ob es sich lohnt für etwas zu kämpfen und wenn ich denke ja, dann tue ich das. Ich war zum Beispiel die erste Frau in meinem Heimatort, die das Feuerwehrauto fahren durfte. Wir hatten zwar schon eine Frauentruppe, aber zum Ausrücken brauchte es noch einen Mann als Fahrer. Nachdem ich mehrere Lehrgänge absolviert hatte, konnten die Verantwortlichen nicht mehr anders, als mich fahren zu lassen.

Zum Kämpfen gehört Scheitern

Zum Kämpfen gehört aber auch Scheitern. So ist es mir vor etwa zehn Jahren nicht gelungen, eine Käserei, die wir übernommen hatten, erfolgreich weiterzuführen. Dieses Projekt mussten wir aufgeben und es gab heftige Konflikte deswegen.

Privat war es für mich immer wichtig, Beruf und Familie zusammenzubringen. Schon in den 90-ern habe ich zwei Tage in der Woche von zu Hause gearbeitet. So konnte ich für meine Kinder da sein und später für meine Schwiegermutter. Aktuell freue ich mich sehr über meine Enkelkinder, das vierte hat sich bereits angekündigt.

Zur Person

Karin Artzt-Steinbrink (64) ist Geschäftsführerin der Upländer Bauernmolkerei, einer Biomolkerei aus Usseln bei Willingen im Upland. Die diplomierte Agraringenieurin engagiert sich als Vorsitzende des Vereins FairBio e.V. für die Vermarktung von Biolebensmitteln. Zudem ist sie im Vorstand der Interessengemeinschaft FÜR gesunde Lebensmittel e.V., die sich politisch für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und auch einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln einsetzt. Karin Artzt-Steinbrink ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Karin Artzt-Steinbrink

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