Serviam-­Schwestern vor 100 Jahren gegründet

Das Haus Germete ist bis heute das geistliche Zentrum der Serviam-­Schwestern, die weltweit auf drei Kontinenten im Einsatz sind. (Foto: Patrick Kleibold)

Gottes Nähe vermitteln ist gleichermaßen Anliegen und Motivation der in Germete beheimateten Serviam-­Schwestern, deren Gemeinschaft weltweite Aktivitäten entfaltet, aber auch vor Ort zum Austausch einlädt. Der Gründungstag der Gemeinschaft jährt sich am 22. Februar zum 100. Mal.

Warburg-Germete. In den letzten 100 Jahren ist viel passiert. Im Jahr 1933 scheiterte die Weimarer Republik als erste parlamentarische Demokratie in Deutschland und wurde durch das faschistische Regime der Nationalsozialisten abgelöst. Deren menschenverachtende Ideologie traf auch die damals noch junge Serviam-­Schwesterngemeinschaft sehr hart. Diese ist seit 1926 in Germete bei Warburg beheimatet und 1939 durch die Gestapo aufgelöst. Bis zur Wiederbelegung im Jahr 1946 konnten die Schwestern ihrer Bestimmung nur im Geheimen nachgehen. In den Nachkriegsjahren entstand in einem kleinen angrenzenden Park und in den umgebenen Gebäuden des „Haus Germete“, eine Ausbildungsstätte. Deren Mitglieder wirkten anschließend in deutschen Großstädten, aber auch im Ausland. Ihren Ursprung hat die Gemeinschaft – dessen geistliches Zentrum bis in die Gegenwart das Haus Germete ist – im „Herz-Jesu-­Institut für Seelsorgehilfe und Familienpflege“. Gegründet wurde das Institut 1922 durch Priester Wilhelm Meyer in Unna-­Königsborn.

„Ich will dienen“, lautet Motto der Serviam-­Schwestern

Büste von Wilhelm Meyer, dem Gründer der Serviam-Schwestern.

Wilhelm Meyer war Priester des Erzbistums Paderborn und wirkte im Ruhrgebiet u. a. in den Städten Unna-­Königsborn, Bochum und Wattenscheid. Hautnah erlebte er die Armut und das Elend der Arbeiterklasse, das durch den Einbruch der Grundversorgung nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend verstärkt worden war. Aufgrund der flächenmäßig riesigen Kirchengemeinden erlebte er zugleich, dass er seinen eigenen seelsorgerischen Ansprüchen nicht gerecht werden konnte. Und so begab er sich auf die Suche nach Menschen, die wie er selbst dazu entschlossen waren, das Motto „Serviam“ – „Ich will dienen“ in den Mittelpunkt ihres Lebens zu stellen. Der Zulauf nahm rasch zu, sodass er das Herz-Jesu-­lnstitut als geistliche Gemeinschaft gründete. Deren Mitglieder sollten durch ihr „Leben mit dem gegenwärtigen Gott zur Erneuerung des christlichen Lebens“ beitragen.

„Die Nähe Gottes und seine tatsächlich erlebte Gegenwart war die Faszination, die unseren Gründer erfüllte und die den Ursprung unserer Gemeinschaft bildet. Und diese Faszination sprang schnell über. Pastor Meyer selbst führte die Kandidatinnen und jungen Schwestern in das Leben mit dem allzeit gegenwärtigen Gott ein“, sagt Schwester Irene Schaeffer (86), die von 2006 bis 2019 Regionsleiterin der Germeter Serviam-­Schwestern war. Meyer selbst war bis zu seinem Tod im Jahr 1957 der geistliche Leiter des In­stitutes. Bereits im Jahr 1924 erhielt das Institut die bischöfliche Anerkennung.

Eckpfeiler der Gemeindeseelsorge

Doch nicht nur die Gemeinschaft wuchs in den Nachkriegsjahren rasant, auch die Aufgaben der Schwestern wurden umfangreicher. Sie arbeiteten in Kindergärten, in der Gesundheitsfürsorge, in Pflegeeinrichtungen, in Kirchengemeinden und wurden so zu einem Eckpfeiler der Gemeindeseelsorge. Die Expansion war jedoch nicht auf den deutschen Raum begrenzt, sodass 1949 im Staate Santa Catarina in Südbrasilien eine brasilianische Region aufgebaut werden konnte. Von dort aus verbreitete sich die Gemeinschaft in anderen Staaten Brasiliens. Die enge Beziehung zu den Schwestern in Brasilien ist noch immer deutlich zu spüren. Diese enge Verbindung führte die in Brasilien geborene Schwester Ignês Sehnem (71) nach Germete, die Schwester Irene Schaeffer nach 13-­jährigem Wirken als Regionsleiterin der Serviam-­Schwestern ablöste.

Serviam-Schwestern: Schwester Ignês Sehnem (rechts) und Schwester Irene Schaeffer im bis heute existierenden Arbeitszimmer von Priester Wilhelm Meyer, auf dessen ehemaligem Schreibtisch eine Büste von ihm steht. (Foto: Patrick Kleibold)
Schwester Ignês Sehnem (rechts) und Schwester Irene Schaeffer im bis heute existierenden Arbeitszimmer von Priester Wilhelm Meyer, auf dessen ehemaligem Schreibtisch eine Büste von ihm steht. (Foto: Patrick Kleibold)

„Seit den Anfangsjahren ist viel passiert. 1978 gingen die ersten brasilianischen und deutschen Schwestern nach Bolivien, wo mittlerweile eine neue Region mit jungen Boliviane­rinnen heranwächst. Ebenso sind unsere Schwestern in Angola im Einsatz. Ihre Mission heißt: ‚Den Menschen vor Ort nahe sein und Gottes gute Botschaft bezeugen‘“, schildert Schwester Ignês den Antrieb der Schwestern, von denen es weltweit 79 gibt.

Fehlender Nachwuchs

Wie in vielen Ordensgemeinschaften fehlt auch den Serviam-­Schwestern in Deutschland der Nachwuchs. „In Warburg-­Germete leben noch 22 Schwestern. Auch wenn wir keinen Nachwuchs mehr haben, so sind wir zuversichtlich. Die Liebe Gottes hat uns bis hierhin geführt. Irgendwie wird es weitergehen, wenn nicht hier, dann vielleicht woanders“, sagt Schwester Ignês. Für sie persönlich steht bereits fest, dass sie im Anschluss an ihre Tätigkeit zurück in ihre Heimat gehen wird.

Voller Gottvertrauen blickt auch Schwester Irene in die Zukunft: „Unsere Gemeinschaft stand in den letzten 100 Jahren häufig vor großen Herausforderungen. Wichtig ist es, die Zeichen der Zeit zu sehen und das Licht der Gegenwart Gottes zu erkennen. Unser Gründer sagte einmal: ‚Gottes Wege sind nicht asphaltiert, oft nicht einmal gepflastert und manchmal sollen es erst Wege werden.“

Blick auf das anstehende Jubiläum der Serviam-Schwestern

Welchen Weg die Gemeinschaft in diesem Jahr gehen wird, zeichnet sich bereits ab. Im Mai wird es ein Fest der Begegnung im Haus Germete geben, zu dem 20 Schwestern aus Übersee zu Besuch sein werden und Weihbischof Matthias König mit den Schwestern am 25. Mai die heilige Messe feiern wird. Geplant ist zudem eine Ausstellung zur Geschichte und eine Festschrift.

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