02.07.2021

Während der Pandemie wuchs die Not

Brasilien: Schwester Maria Ludwigis Bilo empfängt in ihrem Büro Menschen in Notlagen, denen sie zu helfen versucht.Foto: Florian Kopp

Bestwig. Wachsende Not während der Corona-Pandemie weltweit: Die Bergkloster Stiftung SMMP der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel im Bergkloster Bestwig hat im vergangenen Jahr rund 2,3 Millionen Euro für soziale Projekte in Südamerika, Afrika und Europa zur Verfügung gestellt. Das geht aus dem Jahresbericht für 2020 hervor. Demnach ist die Mittelbereitstellung aus Spenden, Patenschaften, Veranstaltungserlösen, Zuwendungen und Vermächtnissen um etwa sieben Prozent gestiegen. „Dies ist ein großer Vertrauensbeweis. Aber gerade im vergangenen Jahr waren diese zusätzlichen Hilfen auch notwendig“, erklärt Schwester Adelgundis Pastusiak, zuständig für die Spenderbetreuung.

von Ulrich Bock

Die Ordensgemeinschaft hat Niederlassungen in Bolivien, Brasilien, Mosambik und Rumänien. Dort betreibt sie auch Einrichtungen, vor allem Kindergärten, Heime und Schulen. Außerdem führt sie zahlreiche Projekte durch, die Hilfe zur Selbsthilfe geben. „Und viele dieser Häuser und Initiativen standen durch die Corona-Pandemie vor ganz besonderen Herausforderungen“, erläutert Schwester Adelgundis.

So sorgen die Schulen in Bolivien, Brasilien und Mosambik beispielsweise dafür, dass die Kinder, die sie besuchen, dort normalerweise eine warme Mittagsmahlzeit bekommen: „Da der Unterricht dort aber monatelang ausfiel – in Mosambik sogar ein Jahr lang ununterbrochen – fiel auch diese wichtige Verpflegung weg.“ Die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel sind darum bemüht, besonders Kindern aus armen Familien den Kindergarten- oder Schulbesuch zu ermöglichen. „Und gerade diese Eltern mussten im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie auf ihre oft ohnehin nur kleinen Einkommen verzichten“, weiß Schwester Adelgundis. Insofern sei der Bedarf an Nothilfe deutlich gestiegen: „Noch nie haben wir so viele Essenskörbe und Verpflegungspakete ausgegeben.“

Bedingt durch die Isolation vieler Familien wurden auch die Besuchsdienste der Schwestern immer wichtiger. „Sie sind Teil der seelsorgerischen Arbeit unserer Schwestern und häufig integriert in unser internationales Patenschaftsprogramm, durch das wir viele Familien in Not mit einem monatlichen Betrag von 30 Euro regelmäßig und nachhaltig fördern“, erklärt der Jahresbericht. Diese Besuche übernehmen unter anderem angestellte Krankenschwestern und Physiotherapeuten, um gezielte medizinische oder therapeutische Hilfen zu leisten. Dafür stellte die Bergkloster Stiftung 2020 beispielsweise 145000 Euro bereit.

Und die Schulen stellte vor allem der Distanzunterricht vor besondere Herausforderungen. Vielen Schülerinnen und Schülern fehlen die Endgeräte, um zu Hause arbeiten zu können. „Hierfür konnten wir Tablets und Smartphones anschaffen“, erklärt der Geschäftsführer der Bergkloster Stiftung, Christian Uhl. Zusätzliches Geld für mobile Endgeräte konnte auch aus den Erträgen und Zuwendungen von Unterstiftungen bereitgestellt werden. „Dass im vergangenen Jahr neue Unterstiftungen mit einem Kapital von insgesamt 210000 Euro gegründet wurden, ist sicher bemerkenswert“, betont Uhl. Die Gründer können „ihren“ Stiftungen einen eigenen Namen geben und die Verwendungs- und Einsatzzwecke der ausgeschütteten Erträge selbst bestimmen.

Ebenso beachtlich sei, dass 2020 trotz schwieriger Bedingungen neue Projekte und Einrichtungen gestartet sind, betont Schwester Adelgundis. So haben die Schwestern in der brasilianischen Stadt Leme ein weiteres soziales Zentrum eröffnet: „Dort wurde sogar eine Schule installiert, die Kinder aus einkommensschwachen Familien besuchen.“ Unterstützung erhalten die Schwestern dafür beispielsweise von der Justizbehörde in der Stadt, die die Finanzierung von 18 Schulplätzen übernimmt. Weitere 96000 Euro konnte die Bergkloster Stiftung an die sozialen Zentren überweisen.

Betreuung von Familien und Jugendlichen in Berlin

In Metarica in Mosambik wurde ein neues Grundstück erworben, mit dem der Nutzgarten zur Versorgung der Schul- und Vorschulkinder und der Ordensschwestern erweitert wird. „Unsere Regionalkoordinatorin Schwester Leila de Souza e Silva hat Nachbarn angesprochen, die ihr geholfen haben, eine Mauer um diesen Garten zu ziehen. Sie hat die Mitarbeitenden dafür entlohnt. Und die haben sich mit diesem Geld während der Corona-Zeit ein Kleingewerbe aufgebaut: etwa, indem sie Näharbeiten für andere anbieten oder Wäsche waschen“, erklärt Stiftungsreferentin Heike Schmidt-Teige. Dadurch sei die Gartenerweiterung ein gutes Beispiel für funktionierende Hilfe zur Selbsthilfe.

Und auch in Deutschland gab es neue Aufbrüche. So hat die gemeinsam mit den Salesianern Don Boscos betriebene Jugendsozial-Einrichtung „Manege“ in Berlin 2020 im Stadtteil Treptow-Köpenick einen dritten Standort eröffnet. „Die Betreuung von Familien und Jugendlichen war gerade in der Corona-Zeit besonders wichtig“, sagt die Geschäftsführerin der „Manege“, Schwester Margareta Kühn.

Dass die Spenden 2020 stiegen, führt Christian Uhl auf verschiedene Faktoren zurück: „Die Menschen hatten einerseits mehr Zeit zu lesen. Andererseits waren sie durch die globale Krise wahrscheinlich stärker für Spendenaufrufe sensibilisiert.“ Und Heike Schmidt-Teige ergänzt: „Nicht zuletzt haben sie auch mehr Geld zur Verfügung gehabt, da andere Ausgaben für Urlaub oder Freizeit aufgrund der Pandemie entfielen.“

Wichtig sei aber, dass durch die neuen Unterstiftungen und Patenschaften nicht nur kurzfristig ein Plus zu verzeichnen sei, sondern das Ertrags- und Spendenaufkommen nachhaltig wachse. 2020 konnte erstmals die Zahl von 1000 Patenschaften für Projekte und Familien überschritten werden. Schwester Adelgundis merkt an: „Dieses Programm läuft deshalb sehr erfolgreich, weil wir konkret erklären können, wofür die finanziellen Mittel erforderlich sind und wofür sie eingesetzt werden.“

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