12.05.2021

Die Friedensbank – ein verlässlicher Dienst auf dem Friedhof.

Schwerte. Die Idee ist so bestechend gut, wie sie simpel in der Umsetzung ist: Zweimal in der Woche sind auf dem katholischen Friedhof in Schwerte an der Ruhr Männer und Frauen anwesend. Das ist erstmal alles. Sie kommen bei Wind und Wetter das ganze Jahr durch und immer verlässlich zu denselben Zeiten.

von Martin Krehl

Sie sind einfach nur da, auch jetzt in der Corona-Zeit. Der katholische Friedhof ist pastoraler Ort der Pfarrgemeinde St. Marien, die Ehrenamtler dort gehören zur Arbeitsgemeinschaft Friedensbank.

Der Gedenktag für die Corona-Todesopfer am 18. April war der aktuellste außerordentliche Einsatz für die Friedensbänkler der Schwerter Gemeinde, an Allerheiligen kommen sie auch extra den ganzen Tag auf „ihren“ Friedhof; ansonsten findet sich wirklich immer jemand von ihnen dienstags von 10.30 Uhr bis 12 Uhr und donnerstags von 16 Uhr bis 17.30 Uhr.

„Ganz oft kommen und gehen wir wieder, ohne dass jemand mit uns gesprochen hat“, räumt Teamleiter Alfons Gruner ein. „Aber wir waren da, sind gesehen worden, wir haben allein durch unsere Anwesenheit gewirkt“. Seit April 2015 muss niemand alleine auf dem katholischen Friedhof sein. Mit den Friedensbänklern, die mehrmals im Jahr eine Schulung erfahren, kann über Trauer, Alleinsein, über die Angst vor Corona, über Gott und die Welt gesprochen oder gebetet werden. „Man kann aber auch mit uns schweigend am Grab stehen, das tut auch gut“, sagt Alfons Gruner.

Das gute Dutzend ehrenamtlicher Leute in der Friedensbank AG hat schon Lebensbeichten abgenommen, hat erstaunliche und erschreckende Lebensgeschichten erfahren, kennt Menschen mit harten Schicksalen, lernt immer wieder neue Lebensentwürfe kennen. Die Männer und Frauen treffen sich regelmäßig untereinander, tauschen sich aus, bekommen aber auch Rückendeckung durch das hauptamtliche Pastoralteam der Pfarrgemeinde oder durch Hauptamtliche aus dem Dekanatsbüro Unna.

Sie therapieren nicht, aber sie beraten, bieten Kontakte zu Fachleuten oder Fachdienststellen an. Und im Wesentlichen hören sie zu.

Vor Corona bekam man einen Tee oder einen Kaffee bei ihnen – die „Erfinderin“ der Friedensbank-Idee, die ehemalige Krankenhausseelsorgerin Irmgard Paul, hatte den Wunsch auf dem Friedhof eine Art öffentliches Trauercafé einzurichten. Das konnte aus baulichen Gründen bislang nicht realisiert werden. Geblieben sind der verlässliche Anwesenheitsdienst und die Gesprächsbereitschaft.

Verschwiegenheit ist oberstes Gebot und Unaufdringlichkeit: Die Friedensbänkler sprechen selten Friedhofsbesucher gezielt an, sie warten auf Kontaktversuche. Es gibt eine vom Pfarrer vor vielen Jahren eigens geweihte Bank unterhalb der Trauerhalle, bei weniger gutem Wetter gibt es Sprechzimmer im Gebäude der Trauerhalle. Die Halle selbst wird nur selten als Gesprächsort gewünscht, da hängen oft zu viele traurige Erinnerungen daran.

Die Schwerter Idee hat mittlerweile weite Kreise gezogen, nicht zuletzt durch Veröffentlichungen auf „katholisch.de“ oder im WDR-Fernsehen. Zum Beispiel in Gevelsberg, Hannoversch-Münden oder in Langenfeld bei Mettmann gibt oder gab es schon Ableger der Friedensbank. Auf der Urlaubsinsel Spiekeroog hat die evangelische Gemeinde dort sich Informationen aus Schwerte geholt und sich dann für eine Standkorb-Lösung entschieden.

Manche haben schon wieder aufgegeben, Leute für diesen Dienst zu finden ist nicht leicht. Es müssen Enthusiasten sein, mitten im Leben stehende Menschen, offen und aufnahmefähig, belastbar und absolut verschwiegen. In Schwerte sind nicht alle AG-Mitglieder katholisch und es gehören nicht alle der Schwerter Pfarrgemeinde an, das ist auch nicht wichtig. Sie sind verlässlich zur Stelle. Das Pfarrbüro vermittelt auch telefonisch Kontakte zur AG für Treffen außerhalb der Dienstzeiten.

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