Synodaler Weg auch mit Rom

Ein schönes Buch und schön, dass es in einem Paderborner Verlag erschienen ist, findet Bode. Am Mittwoch vorletzter Woche übergaben Autor Christof Haverkamp und Verleger Rolf Pitsch im Bischofshaus die ersten Exemplare. Foto: Thomas Arzner/Bistum Osnabrück

zbistum. Die Meldung war für viele Menschen im Erzbistum Paderborn ein Schreck: Bode wird Bischof in Osnabrück! 25 Jahre ist das nun schon her. Aus diesem Anlass ist nun im Bonifatius- Verlag ein Buch über ihn, seinen Werdegang und sein Wirken in Osnabrück erschienen. Ein Skype- Gespräch mit ihm über Reformen, Drewermann und den Papst. 

Herr Bischof, wie ist es, ein Buch über sich zu lesen?

Es ist schon ein eigenes Gefühl. Ich war überrascht, als Christof Haverkamp das Projekt in Angriff genommen und mir davon berichtet hat. Ich habe das Buch also nicht in Auftrag gegeben, sondern geschehen lassen. Es ist ein schönes Werk geworden. Es geht darin mehr um den Weg in Osnabrück, weniger um mich im Sinne einer Biografie. Aber ich bin erstaunt, womit wir uns in den 25 Jahren alles befasst haben.  

Der Titel lautet „Behutsamer Reformer“. Sehen Sie sich so?

Ich finde den Titel treffend, weil ich in all dem Bemühen, etwas in der Kirche weiterzubringen, nie große Sprünge gemacht oder die große Öffentlichkeit gesucht habe. Ich wollte immer die Schritte tun, die wir tun können – zuweilen bis an die Grenze und vielleicht auch mal ein bisschen  darüber hinaus, um den Raum zu weiten, in dem wir uns bewegen. 

Das macht Sie aber nach zwei Seiten verdächtig: bei denen, die keine Reformen wollen, und bei denen, die es gern etwas schneller hätten. 

Ich bin nun mal eher der Typ, der eine Brücke zwischen Tradition und Innovation sucht. Als Paderborner kann man ja gar nicht anders sein. Da ist man bodenständig und zugleich offen. Aber natürlich: Die einen sagen, der Bode muss zurücktreten, weil er nicht mehr die Lehre der Kirche vertritt – solche Briefe bekomme ich. Umgekehrt wird es viele geben, die sagen, ich sei zu zögerlich. Aber dazwischen hängen wir als Bischöfe eigentlich immer, dem muss man sich stellen und seinen eigenen Weg finden.  

Sie haben in Osnabrück das Format der Zukunftsgespräche eingeführt, dann gab es einen katechetischen Prozess, jetzt ist wieder ein Zukunftsgespräch angekündigt, auf Bundesebene gibt es den Synodalen Weg. Haben Sie nicht selbst manchmal den Eindruck, dass wir seit Jahrzehnten über dieselben Gespräche reden, aber nicht wirklich vorankommen?

Ich bin jetzt 45 Jahre Priester, und so lange reden wir über diese Fragen. Nach außen scheint sich wenig getan zu haben, und trotzdem meine ich: Wir gehen im Moment so offen wie nie mit diesen Themen um und wir können sie heute nicht mehr in die Tube zurückdrücken. Es ist eben doch etwas geschehen. Wenn Sie an die liturgischen Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils denken, die sind auch jahrzehntelang durch die liturgische Bewegung vorbereitet worden, also durch Menschen, die sich immer wieder eingebracht haben, die nicht aufgegeben haben. Manchmal ist es zum Resignieren, aber dann denke ich, wir müssen etwas weiterführen, auch wenn das Ziel weit über unserer Zeit hinaus liegt.  

Aber die Glaubwürdigkeitskrise der Kirche hält an, die Austrittszahlen sind nach wie vor dramatisch. 

Das beunruhigt mich am meisten: der hohe Vertrauensverlust. Die Leute glauben uns in vielen Bereichen nur noch schwer oder gar nicht mehr. Das ist eine sehr bedrückende Situation. Egal wie wir uns auch bewegen, es bleibt immer schwierig. Nach meinem Eindruck gibt es aber auch Bereiche, in denen Kirche nach wie vor Vertrauen genießt und in denen es hohe Erwartungen an uns gibt: Seelsorge, Bildung, Caritas und die Förderung von Gemeinschaft. Diese Bereiche werden auch in Zukunft tragfähig sein.  

Als Sie 1991 in Paderborn zum Weihbischof geweiht worden sind, haben Sie gesagt: „Es ist nicht leicht, in dieser Zeit Bischof zu sein.“ Was machte es damals schon so schwer?

Auch damals gab es schon Auseinandersetzungen. Es ging zum Beispiel um die Zukunft der Gemeinden. Wegen des Priestermangels fingen wir an, neue Strukturen zu bilden, über größere Gemeinden nachzudenken und Gemeinden zusammenzulegen. Die Meinungen zu den Themen, über die wir heute immer noch reden, waren auch damals schon kon trovers. Und die Auseinandersetzung mit Eugen Drewermann war auf dem Höhepunkt. Kurz nach meiner Weihe ist ihm die Lehrbefugnis entzogen worden. Aber dass sich der Priestermangel so potenzieren würde oder dass die Krisen, die wir heute haben, so tiefgreifend sein würden, das alles konnte ich damals noch nicht ahnen. Ich habe bei der Bischofsweihe gesagt, ich müsse künftig sicherlich den Kopf für vieles hinhalten. Im Altarraum des Paderborner Domes ist ja der Kopf von Johannes dem Täufer zu sehen. Mit Erzbischof Degenhardt habe ich besprochen, wie man als Bischof damit umgeht, wenn man Veränderungsbedarf in der Kirche sieht, wie man dafür sorgen kann, dass sich die Tradition und das Dogma mehr mit der Lebenswirklichkeit der Menschen treffen. Das war auch damals schon eine große Herausforderung.  

Sie waren Präfekt im Priesterseminar und damit einer der Nachfolger von Eugen Drewermann, der zu Ihrer Studentenzeit Präfekt war. Wie haben Sie ihn erlebt?

Ich war von seinen damaligen Schriftauslegungen sehr angetan. Durch seinen tiefenpsychologischen Ansatz haben wir eine neue, eine ganzheitlichere Sicht auf die Bibel bekommen als nur mit der historisch- kritischen Methode. Das hat uns sehr beeindruckt. 

Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

Kurz vor seinem 80. Geburtstag habe ich ihm geschrieben, weil ich in meiner letzten Silvesterpredigt einen Gedanken von ihm aufgegriffen habe: „Wir müssen zurück nach Galiläa. Wir müssen wieder an die Ursprungsorte des Evangeliums.“ Darüber hatte er mal geschrieben, und weil ich ihn in der Predigt länger zitiert habe, habe ich sie ihm geschickt. Er hat mir sehr freundlich zurückgeschrieben, dass wir – soweit darf ich das hier – auf sehr verschiedene Weise an denselben Zielen arbeiten.

Haben Sie aus den Auseinandersetzungen damals für sich da raus irgendetwas gelernt?

Ja, dass so etwas besser eingebunden sein muss in die Bischofskonferenz, weil die Dinge doch sehr vielschichtig sind. Erzbischof Degenhardt hat sich damals ein bisschen verlassen gefühlt, andere machten daraus, er habe im Alleingang gehandelt. Man hätte die Themen in einen breiteren Dialog bringen müssen. Auch zwischen den theologischen Fächern gab es den Dialog nicht. Das habe ich mir gemerkt, falls ich einmal vor solchen Herausforderungen stehen würde.  

Sie haben erzählt, dass Sie bereits mit Degenhardt die Frage beraten haben, wie die Lebenswirklichkeit der Menschen eine größere Rolle spielen kann. Wie geht es Ihnen mit Papst Franziskus? 

Ich bin sehr, sehr angetan von dem, was er in seinen Schriften sagt. „Evangelii gaudium“ ist großartig, und auch die weiteren Schreiben finde ich ausgezeichnet. Das Problem ist, wie wir es bei der Instruktion der Kleruskongregation erlebt haben, dass im ersten Teil die Sprache des Papstes aufgegriffen wird, die sehr offen und bildreich ist, also sehr pastoral, sie aber quer steht zu der Rechtsprache, die im zweiten Teil verwendet wird. Das kommt in Rom zurzeit nicht übereinander und bringt Unsicherheit in die Weltkirche. Wie ist der Papst denn nun? Es macht die Dinge nicht einfacher, wenn unterschiedliche Signale aus Rom kommen. „Laudato si“ ist noch breit positiv aufgenommen worden, aber bei der Enzyklika „Fratelli tutti“ stellen viele die Frage: Wie steht es um die Geschwisterlichkeit nach innen? Franziskus spricht von der Synodalität in der Kirche, aber wie wird das jetzt konkret? Was ist der Unterschied zur Demokratie, wie kommen Entscheidungen in der Kirche zustande? Die nächste Synode wird sich damit befassen. Das ist ein wichtiges Thema, denn daran kann sich zeigen, ob Kirche sich wirklich auf neue Wege der Entscheidungsfindung einlässt. Das ist ja auch die Auseinandersetzung mit dem Synodalen Weg.  

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