Warum das Miteinander reden wichtig ist

Wer miteinander reden will, muss sich treffen. Solche Begegnungen sind laut Torsten Reibold zunächst von Nervosität geprägt. Doch mit der Zeit werden die jungen Israelis lockerer. Foto: Givat Haviva

Dortmund. Die Konflikte in Israel sind allgegenwärtig: Palästinenser gegen Israelis, Juden gegen Moslems. Dabei wird häufig übersehen, dass in dem Land nicht nur Juden, sondern auch Minderheiten wie israelische Araber leben. Um das Verhältnis der beiden Gruppen kümmert sich bereits seit 1949 das jüdisch- arabische Zentrum für den Frieden, „Givat Haviva“. Dessen Europarepräsentant Torsten Reibold referierte auf Einladung der Gesellschaft für christlich- jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), der VHS Dortmund, der Ev. Kirche von Westfalen sowie der Auslandsgesellschaft über die Ansätze in der Friedensarbeit. Und der grundlegende Gedanke klingt zunächst recht banal.

Die Menschen müssen miteinander reden, kommunizieren – klingt einfach, ist es aber in der Praxis nicht. Torsten Reibold meint damit keinen Small Talk, sondern intensive und nachhaltige Gespräche – solche, die noch lange nachhallen.

Kein Dialog zwischen jüdischen und arabischen Israelis 

Aber warum reden jüdische und arabische Israelis, die rund 21 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, nicht miteinander? Schließlich war es bei der Staatsgründung laut Reibold das Ziel, allen Einwohnerinnen und Einwohnern die gleichen Lebensbedingungen zu bieten.

Getrennte Städte und Dörfer

Um das zu erklären, zeichnete der Repräsentant von „Givat Haviva“ zunächst ein ausführliches Bild des Alltags in Israel. Es gebe „eine fehlende geografische Durchmischung von Gruppen“, so Reibold. Heißt: Städte und Dörfer werden entweder von Arabern – diesen Begriff nutzte der Referent ganz bewusst – oder Juden bewohnt. Kontakte seien deshalb selten und beschränken sich in aller Regel auf Geschäfte oder die Arbeit. Freundschaften seien das aber nicht. „Man fährt nicht in eine arabisch geprägte Stadt, um jemanden zu besuchen.“

Spiegelt sich im Bildungssystem wieder

Dies spiegele sich auch in der Arbeitswelt sowie im Bildungssystem wider, auch wenn sich das Verhältnis in den vergangenen rund 20 Jahren verbessert habe. Im öffentlichen Dienst etwa machen Araber heute knapp 13 Prozent der Beschäftigten aus, 2003 waren es weniger als 2 Prozent. Das seien keine Jobs, die extra für die Minderheit geschaffen wurden, betonte Torsten Reibold. Vielmehr habe die Regierung erkannt, dass die arabischen Israelis „als loyale Arbeitnehmer gelten. Zudem können sie viel Feedback aus den arabischen Gemeinden geben“. So profitieren beide Seiten.

Universitäten holen auf

Ähnlich sieht es auch im High-Tech- Bereich aus, der Vorzeige industrie des kleinen Landes am Mittelmeer. Auch an den Universitäten und beim Militär, dem Sprungbrett für eine Karriere in Israel, haben die Araber aufgeholt.

Gemeinsame Projekte

„Givat Haviva“ setzt hier an, hilft etwa Schülerinnen und Schülern beim Sprung an die Hochschulen. Es gibt gemeinsame Projekte zwischen beiden Volksgruppen. Zudem unterstützt die Einrichtung die Wirtschaft, beispielsweise beim Erschließen von neuen Gewerbegebieten oder bei Infrastrukturvorhaben.

Info

„Givat Haviva“ wurde 1949 aus der Kibbutz-Bewegung heraus gegründet und zur Ehrung und Erinnerung nach der Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus Chaviva Reik benannt. 2001 erhielt das Projekt den UNESCO-Preis für Friedenserziehung sowie 2016 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung. Europarepräsentant Torsten Reibold lebte selbst ab 2003 in Israel.

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