09.10.2020

Rumpelstilzchen

„Heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!“, sagt das Rumpelstilzchen im Märchen um das Feuer tanzend. Foto: Jalyn Bryce/ Pixabay

„Namen sind Schall und Rauch“, sagt Faust. Ein berühmter Satz ist das und die Antwort auf die ebenso berühmte Frage, die ihm das Gretchen stellt, also eben jene Gretchenfrage: „Sag, wie hast du’s mit der Religion?“ Faust kann und will dazu nichts sagen. Er eiert herum, wirft dem Gretchen ein paar Begriffe hin, um dann kundzutun, dass Namen doch eh flüchtig und unbedeutend seien. Er weiß selbst, dass es so nicht ist. Deswegen sagt er ja diesen Satz.

„Donald Duck“ oder „Darth Vader“

Wie man dieser Tage hören konnte, gibt es Menschen, die in den Corona-Formularen, die einem in Kirchen und Restaurants auflauern, ihren Namen nicht preisgeben wollen und stattdessen vermeintlich lustige Eintragungen wie „Donald Duck“ oder „Darth Vader“ machen. In der Tat ist es ein komisches Gefühl, immer wieder aufzuschreiben, wie man heißt, wo man wohnt und wie man telefonisch zu erreichen ist. Zu viel hört man doch von Datenschutz, der einerseits alle nervt, andererseits aber auch oft als erstes Argument im Fall einer Beschwerde dient: „Dürfen die mich überhaupt anschreiben? Woher haben die meine Adresse?“ Da ist man schnell geneigt, das Rumpelstilzchen zu geben: „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“ Doch im Fall der Corona-Formulare ist es eben keine lustige Spielerei, sondern– nach dem Stand der Dinge– ein Spiel mit Leben und Gesundheit anderer Menschen.

Name sagt etwas über jemanden

Der Name macht einen Menschen identifizierbar, er macht ihn greifbar, begreifbar, vielleicht auch angreifbar. Der Name sagt etwas über jemanden, das war übrigens schon vor Google so. Man erinnert sich noch an den Werbeslogan wie „Bezahlen Sie mit Ihrem guten Namen“ und Claus Hipp bürgte einst mit seinem Namen für die versprochene Qualität seiner Babynahrung.

Der Name Gottes

In einer der wichtigsten Stellen der Bibel geht es auch um einen Namen, um den Namen Gottes. Moses versucht, dem Auftrag Gottes nach Ägypten zu entgehen und fragt Gott nach seinem Namen. Aber er fragt nicht, weil ihn, Moses, der Name interessiert, sondern weil er den zu Befreienden Auskunft darüber geben möchte, wer ihn gesandt hat, also in wessen Namen er kommt. Der Name Gottes ist dann ein eigenartiger, kein Name im herkömmlichen Sinne, eher eine Selbstbeschreibung oder mit Blick auf den Zweck des Gespräches eine Zusage: Ich bin, der ich bin. Gott hat einen Namen, zugleich hat er keinen Namen. Gott ist nicht greifbar. Das ist manchmal– und vielleicht gerade in diesen Corona-Zeiten– eine bittere Erfahrung.

Aber wir sind nicht Gott, wir haben einen Namen, auf den wir getauft sind und den wir nicht verschweigen sollten. Denn dieser Name ist nicht egal.

Ihre

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen