„Wir müssen uns kümmern!“
Über die Arbeit der Pfarrgemeinderäte in Corona-Zeiten

Erzbistum (-berg). Wenn Reinhard Schulte für die Rubrik „Wozu sind Sie da?“ befragt würde, dann spräche er viel über gemeinsame Verantwortung von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. Wobei er wohl versuchen würde, diese Begriffe zu vermeiden. Er selbst ist, und da sei der Begriff noch einmal verwendet: ein Ehrenamtlicher. Schulte ist Pfarrgemeinderatsvorsitzender seiner Gemeinde und Vorstandsmitglied im Diözesankomitee im Erzbistum Paderborn. Dort vertritt er die Pfarrgemeinderäte. Wo waren die eigentlich in den letzten Wochen?
Diese Frage hat sich Schulte auch gestellt, aus seiner Sicht aber lautet sie: „Warum sind wir nicht einbezogen worden?“ Er bekennt, dass ihm die Frage etwas spät eingefallen ist. Irgendwie waren alle nach der Absage der Gottesdienste Mitte März und dem allgemeinen Lockdown in einer Art Schockstarre, die sich zunächst als Entschleunigung ganz erholsam präsentierte. „Aber dann hat es mich nachdenklich gemacht, dass man auf einmal außen vor war“, sagt er.
Schulte ist ein solider Typ, er hat ein gutes Verhältnis zu seinem Pfarrer, beide duzen sich seit Langem. Dennoch: Die Partizipation liegt ihm am Herzen und das Thema ist nun wahrlich kein neues. Auch im Diözesankomitee arbeiten sie seit Längerem daran und klopfen gerade alle Gremien, die es in einem Erzbistum so gibt, daraufhin ab, ob dort Partizipation von Laien möglich und gewünscht ist. Alle Gremien meint wirklich alle Gremien: vom Pfarrgemeinderat bis zum Domkapitel. Corona hat diese Frage nun drängender, weil konkreter gemacht.
„Kirche ist für mich da“
In der ersten Sitzung seines eigenen Pfarrgemeinderates vor ein paar Tagen gab es zu Beginn einen Rückblick auf die vergangenen Wochen: Wie haben die Mitglieder des Gremiums die Zeit erlebt? Es wurde offen gesprochen an diesem Abend und es wurde deutlich: Der Lockdown war keineswegs bloß eine erholsame Phase, das Abstandsgebot macht etwas mit den Menschen: Es ist erschütternd im Wortsinne. Nähe und Begegnungen waren nicht mehr möglich, wo sie dringend nötig gewesen wären, bei Todesfällen etwa. Die zweite Frage an das Gremium lautete: Was machen wir mit diesen Erkenntnissen? Nun herrschte Stille. Alle spürten wohl: Machen im Sinne von organisieren reicht nicht. Was den Menschen, auch denen im PGR fehlte, war die menschliche Nähe und die kann man nicht machen, die kann man nur anbieten und leben. „Wir müssen uns kümmern!“, so formuliert Schulte das, was an diesem Abend dann doch noch als Erkenntnis festgehalten wurde. Und für ihn selbst ist spätestens jetzt klar: „Der Pfarrgemeinderat ist das Leitungsgremium vor Ort.“ Der PGR solle vernetzen, solle auf Gruppen wie die Schützen, Kolping oder kfd zugehen, sich anbieten, „nicht aufdringlich“, so Schulte, „aber die Leute sollen merken: Kirche ist für mich da.“ Dazu sei es wichtig, die Nöte und Sorgen der Menschen in den Blick zu nehmen, sagt er noch. Das ist natürlich so ein Satz, der in tausend Pastoralkonzepten steht, aber Schulte betont, die vergangenen Wochen haben gezeigt, wie wahr dieser Satz sei. Und dass er Sache aller sei, die in der Kirche Verantwortung tragen. Damit meint er auch sich selbst. Er sieht sich nicht als mitverantwortlich, sondern als verantwortlich. Ohne „mit“.
Als das Diözesankomitee 2017 zu den Pfarrgemeinderatswahlen einen Flyer herausbrachte, hat er darin ein Zitat aus dem Zukunftsbild untergebracht: „Die Kirche von Paderborn vertraut darauf, dass gerade die Ehrenamtlichen durch Gottes Gaben reich beschenkt sind. Die pastorale Arbeit vor Ort wird von Ehrenamtlichen wie Hauptamtlichen gemeinsam getragen und verantwortet.“ Da ist zwar von Haupt- und Ehrenamtlichen die Rede, aber eben auch von der gemeinsamen Verantwortung. Darauf kam es Reinhard Schulte an. Und darauf kommt es ihm jetzt erst recht an.
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