18.05.2020

Wie das Altenzentrum Hövelhof den Ausbruch von COVID-19 erlebte

Um eine gegenseitige Ansteckung zu verhindern, trafen sich die Leitungskräfte des Altenzentrums im Garten von „Haus Bredemeier“. Dort war genug Platz, um den notwendigen Abstand einzuhalten. Das Foto entstand vor dem Ausbruch von COVID-19 in dem Altenzentrum. In der Mitte mit Schal Geschäftsführung Monika Stricker.

Hövelhof. Ende März trat im Altenzentrum Hövelhof das ein, was alle befürchtet hatten: Als erstes Altenheim im Kreis Paderborn hatten sich in Hövelhof Mitarbeiter und Bewohner mit dem Coronavirus infiziert. Seitdem haben Mitarbeiter und Bewohner harte Wochen hinter sich. Wie sie die Krise überstanden haben, schildert Monika Stricker, Geschäftsführerin des Caritas-Altenzentrums im Gespräch mit dem Dom.

von Karl-Martin Flüter

Es war der 26.März, ein Donnerstag, als im Altenzentrum Hövelhof „eine neue Zeitrechnung“ einsetzte. So erinnert sich Monika Stricker an diesen Moment vor acht Wochen, als sie erfuhr, dass fünf Mitarbeiterinnen und eine Bewohnerin auf das Coronavirus positiv getestet worden waren. Monika Stricker ist die Leiterin der Verbundeinrichtungen Caritas-Altenzentrum Hövelhof e.V., zu der das Altenheim „Haus Bredemeier“, eine Caritas-Sozialstation und zwei Tagespflegen gehören. Die Infektionen waren im Altenheim „Haus Bredemeier“ aufgetreten. Zwei weitere Bewohnerinnen zeigten zu diesem Zeitpunkt Symptome, waren aber noch nicht positiv getestet.

Quarantäne wurde am 24.April aufgehoben

Mitte Mai, als das Gespräch mit Monika Stricker stattfindet, ist das Altenheim in Hövelhof schon seit einigen Wochen von dem Virus frei. Die Quarantäne wurde im „Haus Bredemeier“ am 24.April aufgehoben. Bis dahin waren 30 Menschen mit dem Virus infiziert worden, drei Bewohner starben. Hinter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lag eine Zeit, die so sehr gefüllt war mit Ereignissen und Reaktionen auf sich immer wieder verändernde Realitäten, dass die Erinnerung daran mit der Normalität, die sonst in einer solchen Einrichtung herrscht, nichts zu tun hat. „Man war so konzentriert, das Geschehen war so dynamisch, dass man zu keinem anderen Gedanken mehr kam“, sagt Monika Stricker. Jeder Tag brachte neue Herausforderungen, weil niemand den Verlauf der Infektion einschätzen konnte.

Am Anfang habe ihr die Mitteilung, Mitarbeiter und Bewohner seien infiziert, „den Boden unter den Füßen weggezogen“, gesteht Stricker. Die Entwicklung ging am Anfang schnell. Schon am 30.März meldete die Tageszeitung Westfälisches Volksblatt sechs weitere Erkrankte, am 2.April waren es bereits 16, 6Bewohner und 10Mitarbeitende.

Immer auf eine offene Informationspolitik gesetzt

Nur mit einem konsequenten Management schafften es die Mitarbeitenden des Hauses, die Entwicklung in den Griff zu bekommen: Quarantäne, höchste Schutzmaßnahmen im Umgang mit den Erkrankten sowie viele regelmäßige Test und obligatorische Symptom-Kontrollen bei allen, die im Haus leben und arbeiten. Wichtig war auch die offene Informationspolitik über die Vorgänge im Altenzentrum. „Wir haben immer alles sofort gesagt“, sagt Monika Stricker. Der Ruf des Altenzentrums stand auf dem Spiel. Diese Ehrlichkeit hat sich gelohnt. Die Hövelhofer stehen weiter zu dem Altenzentrum in ihrer Gemeinde. Als es zwischendurch Kritik und Anfeindungen in den sozialen Medien gab, verteidigte Hövelhofs Bürgermeister Michael Berens die Einrichtung auf Facebook.

Die Frage nach der Schuld wird nicht gestellt

Unterstützung hat das Altenzentrum Hövelhof auch von anderer Seite erfahren. Vom Caritasverband Paderborn halfen Mitarbeiterinnen in Hövelhof aus. Das war notwendig geworden, weil die Trennung in Isolationsbereich und Nicht-Isolationsbereich mehr Pflegekräfte als im Normalbetrieb voraussetzt. Außerdem fehlten die Mitarbeitenden, die sich infiziert hatten. Die Teams im „Haus Bredemeier“ wurden ohnehin durch Kolleginnen und Kollegen aus der Tagespflege und der Sozialstation ersetzt.

Erschwerend kam der Umstand hinzu, dass die infizierten Bewohner zu einem großen Anteil in dem Wohnbereich für Menschen mit Demenz wohnten. „Es ist schwer, einem Menschen mit Demenz zu erklären, dass aus Schutzgründen das Zimmer nicht verlassen werden sollte“, sagt Monika Stricker. Diese Vorgabe durchzusetzen verlangte viel Geduld. Auch das machte einen erhöhten Personalaufwand notwendig. Die Bewohner mit Demenz hatten während der Infektionswochen eine 1:1-Betreuung, um die Quarantäne wirklich sicherzustellen.

Auch jetzt, nachdem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Belastungen des wochenlangen Corona-Alptraumes nach und nach loswerden, wird eine Frage nicht gestellt: die nach der Schuld. Wichtig ist aber die Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft. Der Verlauf der Infektion wird nach wie vor verfolgt. „Wir sind frei von Infektionen“, betont Monika Stricker, aber niemand kann voraussagen, ob das Coronavirus in den nächsten Wochen nicht doch zurückkommt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Altenzentrum wissen, was das heißt. „Es ist nicht vorbei“, sagt Monika Stricker, „wir bleiben wachsam.“

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