25.07.2019

Aus dem Hut gezaubert

Foto: S. Hofschlaeger / pixelio

von Claudia Auffenberg

Adolph Kolping hat einmal gesagt: Gott stellt jeden dahin, wo er ihn braucht. Das ist ein durchaus heikler Satz, weil man ihn schön missverstehen kann. Hochmut und Sklaverei lassen sich so begründen, aber so hat es der Gesellenvater ganz sicher nicht gemeint, sondern eher so, dass man sich selbst etwas zutrauen darf und dass man an der Stelle, an der man sich gerade befindet, auch Gutes bewirken kann.

Dankenswerterweise braucht Gott unsereins nicht als EU-Kommissionspräsidentin oder Bundesverteidigungsministerin. Allein das Verfolgen der Ereignisse am Fernsehen brachte einen ja schon außer Atem. Ist das eigentlich noch menschenmöglich, was da geschieht? Begreifen kann man es doch wirklich nicht, wie Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer mal eben neue Aufgaben übernehmen. Beide Personalien haben die Öffentlichkeit überrascht und womöglich die beiden Frauen selbst auch. Wie geht das eigentlich? Gestern ohne Vorwarnung zur Kandidatin ernannt, heute schon in den Fraktionen des EU-Parlamentes unterwegs mit einer Vision für Europa. Gestern „nur“ CDU-Vorsitzende, was sicher kein Minijob ist, heute auch noch Bundesverteidigungsministerin, von der sofort alle alles erwarten. Wie machen Menschen wie sie das? Wie halten sie das aus? Können sie überhaupt noch schlafen?

Der Respekt und die Bewunderung für die beiden müssen aber nicht dazu führen, dass man sich selbst kleinmacht im Sinne von: „Das könnte ich nie!“ Natürlich könnte man es nie, aber wenn das Wort Kolpings – recht verstanden – gilt, dann muss man es auch nicht können. Dann hat jeder von uns eigene Aufgaben. Und das dürfen wir als Christen glauben, dass über jedem von uns das Ja Gottes gesprochen ist. Ein lebenserfahrener Pfarrer i. R. hat es dieser Tage in der Predigt so formuliert: „Durch die Taufe wird uns zugesagt, dass Gott sich freut, dass wir da sind. In der ganzen langen Menschheitsgeschichte hat es keinen gegeben wie uns, das gilt auch für die Zukunft.“

Vielleicht ist es diese Zusage, die einen stark und gelassen macht, dort, wo man von Gott hingestellt worden ist, wenn er es denn war, der einen dahin gestellt hat.

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