19.07.2019

Vertrauen in die Sehnsucht

Fritz Gerlich Foto: wikicommons

In diesen Tagen erinnern sich katholische Journalisten an einen der ihren: Dr. Fritz Gerlich. Der breiteren Öffentlichkeit ist er heute nicht mehr bekannt, zu seinen Lebzeiten war es anders. Vor 85 Jahren, im Juli 1934, wurde er im KZ Dachau nach monatelanger Haft ermordet.

von Claudia Auffenberg

Bis zu seiner Verhaftung am 9. März 1933 hatte sich Gerlich leidenschaftlich und mit scharfer Polemik gegen Hitler engagiert. Er hatte ihn und seine Ideologie früh durchschaut, er hat geahnt, was droht, wenn dieser Mann an die Macht kommt. Und er hat es wieder und wieder geschrieben. Genutzt hat es nicht. Frustrierend!

Was eigentlich muss passieren, damit der Mensch die Gefahr nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich vom Sofa erhebt und handelt? Oder damit er bereit ist, Fakten zur Kenntnis zu nehmen und sich nicht von den Falschen ins Bockshorn jagen zu lassen? Im Moment kocht das Flüchtlingsthema wieder hoch. Europa agiert zerrissen, obwohl unser Kontinent kaum betroffen ist. Weltweit sind 70 Millionen Menschen auf der Flucht. 40 Millionen sind Binnenflüchtlinge, sie sind also im eigenen Land geblieben. Nach Angaben des Europäischen Parlamentes wurden im vergangenen Jahr in der EU plus Norwegen und Schweiz 634 700 Asylanträge gestellt, zumeist von Syrern.

Diese Menschen machen sich nicht auf den Weg, um uns auszurauben, unsere Städte niederzubrennen oder unsere Frauen und Kinder zu vergewaltigen, sondern weil sie einer Hoffnung folgen, einer Verheißung. Der Verheißung nämlich, dass hier in Europa ein besseres Leben möglich ist als in ihrer Heimat, ein Leben in Sicherheit, ja, auch in materieller. Darf man Menschen zum Tode verurteilen – und nichts anderes ist es doch, wenn man sie im Mittelmeer ertrinken lässt –, weil sie eine Hoffnung haben? Die ganze Bibel ist durchzogen von solchen Texten. Immer wieder hat das Volk Israel darauf vertraut und auch wir Christen leben aus der Hoffnung auf das Morgen, dass wir in der Zukunft dem Herrn begegnen werden, dass wir ihm entgegengehen bzw. dass er uns entgegenkommt. Wir beten es jeden Sonntag in der Messe: „… bis du kommst in Herrlichkeit.“ Vertrauen wir also unseren Sehnsüchten und nicht unseren Ängsten!

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen