15.11.2018

Hoffnung in der Erschütterung

Herz und Hände offen halten für „erschütterte“ Menschen. Die Suppenküche der Franziskaner in Berlin-Pankow, die vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken unterstützt wird. Foto: Alfred Herrmann

Jesus stiftet im Untergang einen neuen Anfang.

von Georg Austen

Da kann einem ja angst und bange werden. Kein Stein bleibt auf dem anderen, Sterne fallen vom Himmel und die Erde wird in ihren Grundfesten erschüttert. Ist das nicht mehr eine Drohbotschaft als eine Frohbotschaft, von der wir heute im Evangelium lesen? Wenn wir nur diese Worte von Jesus kennen würden, würden wir mit Recht sagen: Was für ein Unglücks­prophet! Doch wir Christen wissen mehr von Jesus – Gott sei Dank!

Mit seiner Ankündigung der Endzeit lässt Jesus uns nicht in Hoffnungslosigkeit zurück. Allem Erschrecken und aller Verunsicherung über die angekündigten Ereignisse setzt Jesus (selbst-)bewusst die Zusage entgegen, dass sein Wort nicht vergeht, sondern bleibt und allen Erschütterungen standhält. Seine Ansage des Endes ist zugleich eine Zusage: Diese Welt wird – was auch geschieht – nicht ins Bodenlose fallen, sondern sie wird sich wandeln durch und in Gott. Diese Zusage gibt auch uns bis heute den Impuls, dass wir als Jüngerinnen und Jünger Jesu eben nicht ängstlich die Hände in den Schoß legen oder uns gänzlich zurückziehen dürfen angesichts dessen, was da auf die Welt zukommt.

In den Spuren seiner Nachfolge sind wir herausgefordert, eine Antwort auf die Frage zu finden, was unsere Identität ist, woran wir glauben oder wem wir vertrauen. Dabei ist Jesus Christus Mitte unseres Glaubens und Handelns, eben jener Jesus, der uns dazu aufruft, wachsam auf die Zeichen der Zeit zu achten und an seinem Wort festzuhalten. Wie Jesus sollen auch wir unsere Augen, Ohren, Herz und Hände für das offen halten, was bei den Menschen an Nöten und Sorgen da ist, und zugleich das wahrnehmen, was an Gutem und Gelingendem neu aufbricht oder an lebendiger Tradition weitergeht.

Dieser Sonntag steht für die katholische Kirche in Deutsch­land ganz besonders im Zeichen der Diaspora. Er nimmt die Belange katholischer Christinnen und Christen in den Blick, die zahlenmäßig in einer extremen Minderheitensituation in Deutschland, in Nordeuropa und im Baltikum ihren Glauben leben. Die Herausforderungen für das Glaubenszeugnis in der Diaspora sind heute sehr vielfältig. Es sind oftmals auch Erfahrungen, welche die eigene Glaubens- und Lebensidentität auf die Probe stellen. Doch gerade im Angesicht solcher „Erschütterungen“ lassen sich immer wieder mutige Aufbrüche entdecken, die diese Zeichen unserer Zeit wahr- und ernst nehmen sowie neue Wege der Verkündigung und der Bestärkung im Glauben zu gehen bereit sind. Als Hilfswerk für den Glauben unterstützt das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken die bestehenden Gemeinden sowie die Um- und Aufbrüche in der Diaspora, auf dass sie zu lebendigen Glaubens- und Lebensorten werden mögen, die über sich hinaus ausstrahlen und Menschen in eine heilsame Berührung mit Gott und dem Glauben bringen.

Von den Christinnen und Christen in der Diaspora können wir lernen, dass dem Zu-Ende-Gehen uns vertrauter Formen des Kircheseins immer auch neue Anfänge innewohnen können, das Evangelium Jesu in der Welt von heute zu bezeugen und zu leben. Indem wir uns von diesen Neuaufbrüchen anregen lassen und mit unseren Mitmenschen über die Frohe Botschaft ins Gespräch kommen, können wir als Christinnen und Christen aktiv in die Gesellschaft hineinwirken und unsere christlichen Werte sowie unsere sinnstiftenden und sinndeutenden Traditionen als wichtiges Fundament für ein friedvolles Miteinander in unserer Gesellschaft untermauern. Bei all dem dürfen wir uns auf die Zusage Jesu verlassen, dass sein Wort des Lebens bleibt und uns antreibt, ihn so zu bezeugen, wie es unsere Zeit heute erwartet und erhofft.

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