11.10.2018

Trauer, Trauma, Schuld

Über Traumata sprach Thomas Weber. Foto: Miriam Müller-Schewitschuk

Siegen. „Trauma, Trauer, Schuld“, so lautete das Thema beim „Tag der Notfallseelsorge Siegerland“ im Gemeinde­zentrum auf dem Rödgen in Siegen. Referent war der Psychologe Thomas Weber vom Zentrum für Trauma und Konfliktmanagement (ZTK) in Köln, der auch von Einsätzen in den Krisengebieten der Welt berichtete.

Weber arbeitet im Bereich der Trauma-Nachsorge und war überall auf der Welt unmittelbar nach Großschadenssituationen vor Ort. So unter anderem nach dem Tsunami in Indonesien, nach der Germanwings-Katastrophe in Frankreich, nach den Terroranschlägen 2016 in Paris und nach dem Amoklauf von Winnenden im Jahr 2009.

In seinen Vorträgen verband Weber fachliche Informationen über Traumata und deren Auswirkungen sowie praktische Handlungsanweisungen miteinander. Für die anwesenden Vertreter der Feuerwehren, des Roten Kreuzes, der Polizei, der Malteser, der Caritas und der Johanniter sowie der Lehrerschaft, der Schulberatungsstelle und die Notfallseelsorger aus dem Kreis Olpe und dem Siegerland waren dies hilfreiche Infos. Denn sie sind oft mit traumatisierten Menschen konfrontiert und müssen in schwierigen Situationen die richtigen Worte finden.

Thomas Weber sprach in seinen Vorträgen genau in diese Situationen hinein. Traumata sind Verletzungen der Seele und der Psyche, die mit einem akuten Verlust der Handlungskontrolle nach oder schon während eines schockierenden Erlebnisses einhergehen. Ein solches Trauma äußere sich jedoch bei jedem unterschiedlich, sagte Weber. So erleben viele den Schockmoment als ein „out-of-body ­experience“, funktionieren einfach und können sich später nicht mehr an die Geschehnisse erinnern. Andere reagieren scheinbar gar nicht oder mit vermeintlich unangemessenem Verhalten. „In Trauma-Situationen regiert eben nicht der Verstand, sondern der Körper“, sagte der Psychologe. Eine solche Trauma-­Phase könne bis zu 15 Monaten andauern. In dieser Zeit sei ein Traumatisierter dann oft Gefangener seiner Erinnerungen an die Schocksituation.

Weber bemängelte, dass die Gesellschaft oft viel zu schnell die Rückkehr der Betroffenen in ein „normales Leben“ und ein „normales Verhalten“ fordere. „Umgehend wieder zu funktionieren“, sei oft die Erwartung oder der vermeintlich gute Ratschlag an ein Trauma-­Opfer. Hier plädierte Weber: „Sie dürfen so fühlen wie sie fühlen“, sei der richtige Zuspruch eines Behandelnden an einen Traumatisierten. Fürsorge, Mitgefühl und Verständnis gebe Trauma-Patienten Halt und Perspektive.

Bei einer Trauma-Nachbehandlung sei auch der Behandelnde bedroht, sagte Weber. Ein Trauma sei oft ansteckend und fordere auch die Psyche des Seelsorgers immens he­raus.

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