08.03.2018

„… in Ewigkeit. Amen!“

Durch welche Tür? Das Vaterunser ist ein herausforderndes Gebet, es fordert eine Entscheidung. Foto: qimono/pixabay

Im neunten Teil unserer Reihe zum Vaterunser kommen wir zum Ende des Gebetes, die Reihe ist allerdings noch nicht zu Ende.

von Claudia Auffenberg

In der Liturgie schließt das Vaterunser mit der sogenannten Doxologie, dem Lobpreis Gottes, der sich in den beiden bi­b-lischen Versionen dieses Gebetes nicht findet: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Dennoch kann er in der Gemeinde des Matthäus oder von Jesus selbst sehr wohl gesprochen worden sein, vielleicht nicht wortgleich wie wir, aber ähnlich.

Zum einen gibt es sehr frühe Handschriften, die nach den Evangelien entstanden sind und den Text des Vaterunsers inklusive der Doxologie enthalten. Eine davon ist die Didache, die Zwölf-Apostel-­Lehre. Das ist eine Art Kurz­info über den Glauben der Christen und die Ordnung der Kirche, vermutlich aus dem 1. Jahrhundert nach Christus und wohl gedacht für Taufbewerber. Dort lautet die Doxologie: „Denn dein ist die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“, also ein bisschen anders als der heute vertraute Text.

Zum anderen gibt es in der ganzen Bibel eine Reihe solcher Lobpreisungen und es war in der jüdischen Liturgie üblich, dass der Beter am Ende spontan, sich allerdings an
bi­blischen Formulierungen orientierend, einen solchen Lobpreis formulierte. Auch der fromme Jude Jesus wird dies wohl getan haben.

Wie auch immer die Beter am Ende formuliert haben, welche Worte sie genutzt haben, inhaltlich ging und geht es dabei um eins: um die Gottheit Gottes. Nur er ist Gott, nur er ist universal und absolut souverän. Nur er, soll heißen: kein gottähnlicher Kaiser, kein geliebter Führer und kein Heiliger Vater kann dies für sich beanspruchen.

Dem Lobpreis und dem ganzen voran formulierten Vertrauen stimmt die betende Gemeinde dann mit dem Schlusswort „Amen“ zu. Amen bedeutet „Wahrlich!“ oder „So sei es!“ und findet sich an vielen Stellen der Bibel, manchmal auch am Anfang eines Satzes, wo es die Vollmacht des Sprechers unterstreicht. In der Bergpredigt zitiert das Matthäusevangelium Jesus mehrfach mit einem entsprechenden Satzanfang: „Amen, ich sage euch …“

Zum Ende des Vaterunsers also stimmen wir dem zu, was wir zuvor gesprochen haben. Somit ist das Vaterunser ein herausforderndes Gebet, ein Text, der eine Entscheidung fordert: Will ich versuchen, im Vertrauen auf Gott – dessen wir uns sicher sein können – zu leben? Man vergisst es in einer freien und sicheren Gegend wie Deutschland gelegentlich, aber das Christentum ist eine ernste Sache, es kann um Leben und Tod gehen. In der vorletzten Woche wurde an Sophie und Hans Scholl sowie die weiteren Mitglieder der Weißen Rose erinnert. Die Scholls sind in einem evangelischen Elternhaus groß geworden, was sie dort gelernt haben, hat sie angetrieben und am Ende sogar den Henker beeindruckt. So gab Sophie Scholl im Verhör zu Protokoll: „Einmal erinnere ich mich, haben wir uns eingehend mit der Frage befasst, ob die christliche und nationalsozialistische Weltanschauung miteinander in Einklang gebracht werden könnten. Nach einer längeren Debatte waren wir schließlich der übereinstimmenden Meinung, dass der christliche Mensch Gott mehr als dem Staat verantwortlich sei.“

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