„Und führe uns nicht in Versuchung“

Reihe zum Vaterunser

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Foto: salvia 77/photocase
veröffentlicht am 21.02.2018
Lesezeit: ungefähr 3 Minuten

Im siebten Teil unserer Serie kommen wir nun zu der Bitte, die den Papst und viele Beterinnen und Beter vor bzw. mit ihm irritiert: Führe uns nicht in Versuchung …

von Claudia Auffenberg

Die Bitte geht in der Tat ans Eingemachte, sie stellt die Grundfrage: Wer oder was ist Gott? Um das gleich hier zu sagen: Die Frage wird am Ende dieses Textes nicht beantwortet sein – natürlich nicht! Gucken wir also zunächst auf das Vaterunser. Die Bitte, vor der Versuchung bewahrt zu werden, findet sich bei Lukas und bei Matthäus, letzterer hat allerdings noch ergänzt: „… sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Das macht die Sache nicht leichter: Um welche Versuchung geht es, wer oder was ist das Böse?

Bei der Formulierung „führe uns nicht in Versuchung“ haben jüdische Beter ihre Vorfahren vor Augen, das Volk Israel, das in der Wüste am Sinai der Versuchung nicht standgehalten hat. Damals haben sie die Herrschaft Gottes infrage gestellt und sich ein Goldenes Kalb gebastelt. Darum also könnte es bei der Versuchung gehen: das Wirken Gottes in dieser Welt, sein Reich, seine Herrschaft anzuzweifeln. Denn es gehört doch zur Erfahrung auch des Allerfrömmsten, dass Gott sehr wohl abwesend ist, dass sich Dinge in der Welt tun, die mit Gott nichts zu tun haben. Zweifel gehören zum Glauben, sie sind sogar wichtig, aber sie mögen am Ende nicht zum Abfall von Gott führen und seine Herrschaft infrage stellen. Jesus selbst, so erzählt es Matthäus sehr eindringlich, ist in Versuchung geraten, dem „Versucher“ ging es da­rum, Jesus vom Glauben an Gott abzubringen. Jesus widerstand der Versuchung mit Zitaten aus dem ersten Testament, d. h. mit dem Glauben seiner Väter.

Doch offen bleibt die Frage, wer der Versucher ist und woher er kommt. Ist es Gott? Ist es der Satan? Matthäus erzählt, dass Jesus „vom Geist“ in die Wüste geführt ist, sein Gesprächspartner ist „der Teufel“. Im Jakobusbrief heißt es, dass es nicht Gott sei, der versuche, sondern dass jeder „vielmehr von seiner eigenen Begierde“ versucht werde. Doch auch dieser Gedanke entlastet Gott nicht, denn wenn die Versuchung, das Böse im Menschen ist, wie ist es hineingekommen? Hat etwa Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, es hineingelegt?

Es gibt keine Antwort, aber mit der Überzeugung, dass die Schöpfung Gottes gut ist, wie es Juden und Christen glauben, dann hat man etwas in der Hand, das Halt geben kann. Denn dieses Vertrauen besage, so Prof. Hubertus Frankemölle, auf den diese Reihe zurückgeht, „dass der eine und einzige Gott grundsätzlich keinen ihm gleichrangigen Widersacher hat. In diesem Sinne kann man nicht an den Teufel wie an Gott glauben“. Die Bitte, nicht in Versuchung geführt zu werden, ist also die Bitte an den mitgehenden und vorausgehenden Gott, in unserer Nähe zu bleiben, damit wir in seiner Nähe bleiben. Eine solche Bitte äußern zu dürfen, spricht ja sozusagen schon für Gott. Besagt sie doch: Wer Gott begegnet, muss nicht die Straßenseite wechseln.

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