03.02.2017

Abgang

Foto: Anna Lena Ramm / pixelio

Wir beginnen mit einer kühnen These: Politiker sind keine Roboter, sondern Menschen. Dies könnte bedeuten, dass auch ein ruppiger Typ wie Sigmar Gabriel ab und zu schlaflose Nächte hat. Dass auch einer wie er Gutes im Sinn hat.

von Claudia Auffenberg

Dass auch einer wie er manchmal die Bilder aus Syrien und anderswo nicht mehr ertragen kann. Dass auch einer wie er manchmal nicht mehr weiß, wie das alles weitergehen soll mit den Donalds und Putins und Erdogans dieser Welt. Und dass einer wie er wirklich ehrlich ist, wenn er zu dem Schluss kommt und öffentlich sagt: „Kanzler? Das kann und das will ich nicht.“ Oder war das nur Taktik?

Selbst wenn es so wäre, könnte man sogar dafür dankbar sein. Dafür nämlich, dass man uns Bürgern ein gewisses Maß an Menschlichkeit zutraut, dass wir doch in einem Land leben, in dem im Ernstfall das Eingeständnis von Schwäche gewürdigt und nicht verspottet wird. Wenn man ins Fernsehen schaut und sieht, wie dort Menschen lustvoll vorgeführt und beschämt und fertiggemacht werden – Dschungel-Camp, Germanys Next Topmodel, DSDS – kann man durchaus einen anderen Eindruck gewinnen.

Es könnte natürlich der Wunsch Vater des Gedankens sein, aber vielleicht ist diese Gesellschaft zwar nicht mehr wahnsinnig kirchlich, aber doch noch christlicher als sie selbst es vermutet? Denn ein Christ lebt aus der Gewissheit, dass die eigene Schwachheit in den Augen Gottes keine Kategorie ist, dass sogar Scheitern erlaubt bzw. so gesehen gar nicht möglich ist und somit nicht zum Liebes­entzug führen wird.

Ach, Mr. President …

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