21.10.2016

Ein Helfer in der Not

So etwas gibt es wohl nur in Mexiko: zwei junge Männer neben einer lebensgroßen Statue des Judas Thaddäus. Foto: dpa

„Judas – nicht der Judas Iskariot – fragte ihn: Herr, warum willst du dich nur uns offenbaren und nicht der Welt?“ (Joh 14, 22). Dies ist die einzige Passage im Neuen Testament, in der Judas Thaddäus, der Apostel Christi, einen richtigen Auftritt hat. Sonst wird er – mal als Judas, mal als Thaddäus – lediglich in den Aufzählungen der zwölf Jünger Christi erwähnt. Doch wer war der Mann, der im Johannesevangelium klar von Judas Iskariot, dem Verräter, abgegrenzt wird?

Zunächst einmal sind sich Bibelforscher nach wie vor nicht einig, ob Judas und Thaddäus dieselbe Person waren oder nicht. Obwohl es zu Zeiten Jesu wohl nicht unüblich war, unter mehr als einem Namen bekannt zu sein, ist Judas Thaddäus ein komplizierter Fall, denn auch als „Lebbäus, genannt Thaddäus“ wird er beschrieben. Manche vermuten, dass einige Quellen den Namen Judas nicht mehr verwenden wollten, nachdem Jesus verraten wurde, andere denken, ein möglicher Todesfall in den Reihen der Apostel machte das „Nachrücken“ des Thaddäus für Judas erforderlich. Es bleiben also nur Spekulationen, wer genau dieser Mann war. Ebenso vage sind Berichte über sein Leben und Wirken nach Christi Himmelfahrt. Während eine Legende berichtet, Judas Thaddäus sei der erste Bischof von Edessa in der heutigen Türkei gewesen, berichtet eine weitverbreitete Lebensgeschichte von seinem missionarischen Wirken zusammen mit dem Apostel Simon dem Zeloten in Mesopotamien und Syrien. Sie prophezeiten dem Feldhauptmann des Königs von Babylon Frieden, und sie tauften den König, seinen Hofstaat und viele Menschen aus dem Volk. Ihr Leitsatz dabei lautete: „Nicht um zu töten, sondern um lebendig zu machen, sind wir gekommen!“ Ihr Wirken sorgte für einen Aufstand der Zauberer und der ungläubigen Priester, da Judas und Simon sie als machtlos enttarnten. Im Zuge dieses Aufstandes wurde Simon zersägt und Judas Thaddäus wurde mit einer Keule erschlagen. Als daraufhin ein schweres Unwetter aufzog und die Zauberer und Priester vom Blitz erschlagen wurden, ließ der König eine Kirche am Todesort der beiden Märtyrer errichten. Reliquien des Judas Thaddäus gelangten wohl unter anderem in die Kirche St. Andreas in Köln, aber vor allem in den Petersdom nach Rom.

Judas Thaddäus, dessen Gedenktag auf dem 28. Oktober liegt, gilt als Schutzpatron in schweren Nöten und verzweifelten Situationen. Lange Zeit wurden in Ägypten und Syrien mündlich überlieferte Worte des Apostels als abwehrendes Schutzmittel gegen Unheil genutzt. Aber vor allem in Mexiko hat sich ein enormer Kult um „San Juditas“ mit Zentrum in Mexiko City entwickelt, wo eine Statue des heiligen Judas Thaddäus den Hauptaltar der Kirche San Hipólito schmückt. Durch die Wirtschaftslage und die hohe Kriminalität im Land ist Judas als Helfer in der Not populär geworden. Auch im deutschsprachigen Raum wird der Apostel verehrt und die ­Judas-Thaddäus-Wallfahrt in Heisterbacherrott, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts unternommen wird, zeigt in zahlreichen Kapellen Geschenke, die Gläubige als Dank für ihre Heilungen durch Judas Thaddäus gestiftet haben.

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