10.06.2016

Unterwegs im Namen des Herrn

Bei Katholikentagen sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer leicht erkennbar: Sie tragen einen bestimmten Schal oder ein Schlüsselband mit der Teilnehmerkarte, in Leipzig jeweils in maigrün. Man erkennt sich also gleich: als Teilnehmer derselben Veranstaltung und mutmaßlich auch als Gehender auf ähnlichem Fundament. Sogar an eher anonymen Orten wie in der S-Bahn, im Restaurant oder im Supermarkt fühlt man sich sofort irgendwie zugehörig.

In Leipzig kommt eine neue Erfahrung hinzu. Ein Supermarkt in der Nähe eines Veranstaltungsortes des Katholikentags: Schnell rein, was zu trinken kaufen. Überall in den Gängen Menschen mit grünen Bändern oder Schals, also alle „welche von uns“. Man grüßt sich, als kenne man sich ewig, obwohl man sich nie gesehen hat. Doch spätestens an der Kasse legt sich einem die Verantwortung auf die Schultern. Denn bitte, man ist in Leipzig, vier Prozent Katholiken, um die 15 Prozent Evangelische. Das kann sich unsereins aus OWL ja überhaupt nicht vorstellen, wo sich das Leben noch so wahnsinnig katholisch anfühlt. In Wahrheit aber hat sich die Diaspora längst auch bei uns eingeschlichen. Doch zurück zur Kasse im Leipziger Supermarkt. Vier Prozent Katholiken. Die Kassiererin, auf die man langsam zuschiebt, ist also wahrscheinlich nicht katholisch. Sie trifft nun auf erkennbare Katholiken. Auf einmal spürt man: Du bist tatsächlich unterwegs im Namen des Herrn. Das fühlt sich irgendwie neu an.

Was also tun? Ihr beim Entgegennehmen des Kassenbons sagen, dass Jesus sie liebt? Das wäre natürlich etwas dick aufgetragen. Man will sie ja nicht irritieren, sondern einfach nur einen guten Eindruck machen. Und vielleicht dafür sorgen, dass sie abends ihrem Mann erzählt: „Heute war der ganze Laden voller Katholiken. Echt nette Leute!“ Also? Ein Wort des Herrn fällt einem ein: „Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“ Und eins von Thomas Gottschalk, der hat es mal rustikaler ausgedrückt: einfach versuchen, nicht unanständig zu sein. Das sollte hier und jetzt und meistens eine leistbare Aufgabe sein.

Claudia Auffenberg

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