14.03.2016

Achtung, Kulturverlust!

Todesanzeigen zu lesen, bekümmert zunehmend. Denn ein subtiler und zugleich dramatischer Kulturverlust ist zu beobachten.

Immer häufiger, fast möchte man meinen: Schon standardmäßig stehen dort solche Sätze wie: „Von Beileidsbekundungen am Grab bitten wir abzusehen“ und: „Die Beerdigung hat in aller Stille stattgefunden.“ Ganz sicher gibt es Situationen, die dies mehr als rechtfertigen, aber man liest es doch ein bisschen zu oft.

Was uns verloren geht, ist eine gesamtgesellschaftliche Kompetenz, wie mit dem Tod umzugehen ist. Und es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, denn der Umgang mit den Toten ist zugleich ein Umgang mit den Hinterbliebenen und das sind wir irgendwann einmal alle. Wer einmal auf dem Land eine beteiligungsstarke Beerdigung erlebt hat, wie sie dort mit großer Selbstverständlichkeit zelebriert wird, wie eine Gemeinde die Trauernden trägt und sie alle von einem vertrauten Ritual getragen werden, ahnt, was gemeint ist.

In seinem Brief an die Gemeinde in Korinth nennt Paulus Gott den Gott allen Trostes. Und nach den Worten Jesu in der Bergpredigt ist der Trost das seligmachende (!) Angebot Gottes an die Trauernden. Trauer darf sein!

Vor einer Gesellschaft, in der man nicht mehr trauern und kein Beileid mehr bekunden dürfte, weil niemand mehr weiß, wie Trauern geht und wie mit ihr umzugehen wäre, und weil es sich eh mehr ziemt, nach außen strahlend und unverletzlich dazustehen, vor einer solchen Gesellschaft müsste man sich fürchten. Mehr noch als vor einer Gesellschaft, die im August die Weihnachtsmänner in die Läden bringt.

Doch ganz so weit sind wir (hoffentlich) noch nicht. Die meisten von uns sind in Wahrheit doch bessere Menschen als wir es einander selbst zutrauen. Manchmal bricht das Göttliche, und das heißt, das Liebenswürdige, das Freundliche in uns durch. Dem Himmel sei Dank! Wir müssen es einander nur ermöglichen.

Claudia Auffenberg

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