07.11.2015

Keine halben Sachen

Keine halben Sachen, nichts mit halbem Herzen angehen. Foto: Pünktchen / photocase.de

Ein Geschenk erhält seinen besonderen Wert, wenn es von Herzen kommt.

Beim Lesen des heutigen Sonntagsevangeliums kam mir folgender Gedanke: Wie würde ich wohl reagieren, wenn man mir erzählte, dass gerade jemand, der für seinen Lebensunterhalt nur die Grundsicherung des Staates zur Verfügung hat, die monatliche Verfügungssumme in die Sonderkollekte von Adveniat, Renovabis, Missio oder für andere Hilfsorganisationen gegeben hat.

Die erste Reaktion wäre wahrscheinlich ungläubiges Erstaunen. Ganz schnell kämen dann auch Fragen: „Ist derjenige denn ganz richtig im Kopf? Denkt der nicht an morgen? Wovon will der denn jetzt für den Rest des Monats leben? Wem liegt er nun wohl auf der Tasche? Sitzt der vielleicht morgen in der Fußgängerzone und bettelt sich sein Essen zusammen? Wahrscheinlich wäre ich mit meinen Fragen nicht allein.

Vermutlich denken auch viele: Eine solche Situation gibt es in Wirklichkeit gar nicht. Aber genau auf ein solches Geschehen weist Jesus seine Jünger hin. Die zwei kleinen Münzen, die die arme Frau in den Opferkasten des Tempels wirft, sind ihre Grundsicherung für eine Woche. Jesus beobachtet auch andere, die ihre Gaben in den Opferkasten geben. Da sind Reiche, die geben viel. Von ihnen wird gesagt, dass sie alle von ihrem Überfluss gegeben haben. Von der Witwe jedoch sagt Jesus: „… sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.“

Wirtschaftlich gesehen machte das Opfer der Frau nicht wirklich Sinn. Trotzdem hat die Frau alles gegeben. Genauso gut hätte sie ja auch nur eine von den zwei Münzen geben können. Dann hätte sie für sich zumindest noch etwas gehabt. Aber sie macht keine halben Sachen, wie wir durch Jesus wissen.

Sie, die nur das Nötigste zum Leben hat, gibt eben nicht nur etwas, sondern alles. Damit gibt sie sich letztlich selbst preis. Im Hinweis auf die arme Frau zeigt Jesus seinen Jüngern auf, dass es bei einer Gabe nicht darauf ankommt, wie viel jemand gibt. Es kommt beim Schenken eher darauf an, dass im Geschenk der Schenkende selbst zu finden ist.

Der hl. Vincenz von Paul sagt es einmal so: „Gott will nicht unsere Klugheit, wenn er nicht unser Herz hat.“ Die Haltung der armen Frau weist schließlich auch auf Gott selber hin. Auch Gott macht keine halben Sachen. Er hat uns in Jesus Christus das Liebste gegeben, was er hatte, seinen eigenen Sohn. Und dieser Sohn Gottes hatte eine so große Liebe, dass er sein eigenes Leben hingegeben hat, weil er wollte, dass alle Menschen Leben in Fülle haben. (vgl. Joh 10,10)

Viel wird und wurde in den zurückliegenden Wochen in den Medien davon berichtet, wie Menschen sich persönlich engagieren, um den vielen Flüchtlingen, die in Deutschland eine neue Heimat suchen, zu helfen. Menschen gehen spontan in Notunterkünfte für Flüchtlinge, um die Ankommenden willkommen zu heißen. Manchen mögen die Bilder vom Münchener Haupt­bahnhof vor Augen stehen. Nicht alle, die sich auf den Weg gemacht haben, hatten auch materielle Gaben dabei. Viele Menschen wollten mit anpacken. Sie haben sich selber eingebracht, mit ihren Möglichkeiten und Talenten und haben dabei sich selbst verschenkt. Ebenso tun es viele Ehrenamtliche im Krankenhausbesuchsdienst, in Senioren- und Behinderteneinrichtungen. Sie geben vielleicht finanziell und materiell gesehen nicht viel. Aber sie geben das, was sie haben, ein Stück von ihrem Leben.

von Katharina Mock

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