03.02.2017

Vorurteile ersetzen Fakten

Generalvikar Alfons Hardt (l.) und Presse­sprecher Ägidius Engel

Paderborn (pdp/-haus). Die Frage nach der „Wahrheit“ hatte Erzbischof Hans-Josef Becker in den Mittelpunkt seiner Ansprache zum Sales-Tag, dem Empfang des Erzbistums für Journalisten und Medienvertreter, gestellt. Generalvikar Alfons Hardt trug die Rede des erkrankten Erzbischofs vor, in der es um die Glaubwürdigkeit von Kirche und von anderen Institutionen ging, insbesondere in Zeiten, in denen „Wahrheit“ zunehmend von Meinungen statt von Fakten bestimmt werde. Der Erzbischof empfiehlt ein authentisches Auftreten, das unterschiedliche Meinungen im Ringen um Konsens deutlich werden lasse.

.„Was ist Wahrheit?“ – Diese Frage, die durch die Jahrhunderte hindurch von Kirche und Wissenschaft immer wieder ausgehandelt worden sei, erlebe heute eine „neue, verstörende Dimension“, sagte der Generalvikar. „Die grundlegende Voraussetzung für einen Streit zwischen unterschiedlichen Meinungen wird vielerorts aufgegeben: das Bemühen, dem Gegenüber die eigene Überzeugung mit Argumenten oder Fakten nahezubringen. Statt Fakten dominieren zunehmend Behauptungen oder auch Ressentiments.“

Gerade Journalisten würden die Folgen dieser Entwicklung spüren, wenn selbst gründlich recherchierte Fakten angegriffen würden, führte Generalvikar Hardt weiter aus. Auch das zunehmende Phänomen gezielter Falschmeldungen, die im Internet verbreitet werden, sei Teil dieses Trends: „Wahrheit wird zunehmend zu einer ‚gefühlten‘ Angelegenheit“, zitierte er Erzbischof Becker und schloss dessen Frage an: „Ist es heute noch so, dass das redliche Bemühen um Wahrheit zu mehr Glaubwürdigkeit führt? Die jüngsten Erfolge populistischer Strömungen sprechen leider eine andere Sprache. Glaubwürdig scheinen zunehmend diejenigen zu sein, die mit lauten Parolen einfache Lösungen versprechen.“ Gerade vor dem Hintergrund anstehender Wahlkämpfe ermutige der Erzbischof die Politik dazu, Mut zu differenzierten Antworten und Strategien zu haben, so Generalvikar Hardt.

Ebenso wie viele andere Institutionen sehe sich heute auch die Kirche mit einer massiven Infragestellung ihrer Glaubwürdigkeit konfrontiert. „Es entstehen Ungleichzeitigkeiten, die auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden und deutlich machen: Unter dem Dach der katholischen Kirche gibt es heute eine Vielzahl von Einstellungen, die sich manchmal auch widersprechen“, erläuterte Hardt. Dies werde beispielsweise auch am „Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn“ sichtbar, das einerseits mit Elan umgesetzt werde, das andererseits aber auch Angst vor Veränderung mit sich bringe.

„Unterschiedliche Meinungen und Haltungen sind keine Schande. Aber es kann eine Schande sein, wie mit diesen in der Öffentlichkeit umgegangen wird“, fasste Generalvikar Hardt die Worte Erzbischof Beckers zusammen.

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