29.10.2018

Nachfolge ist mehr als nur nachlaufen

Das ist Nachlaufen und nicht unbedingt Nachfolge. Foto: Petra Born/pixelio

Nachfolge bedeutet entschiedenes Bekenntnis zu Jesus Christus.

von Reinhard Hörmann
 
 
„Wenn ich der Blinde gewesen wäre, hätte ich mich nicht getraut, was der sich da getraut hat …“ – „Geil, wie er sich bis zu Jesus durchschreit!“ – „Woher Bartimäus wohl wusste, dass Jesus ihm helfen könnte?“
Einige von zahlreichen Reaktionen, die ich bei der Behandlung dieser Perikope in den Religionsstunden über etliche Jahre erhielt. „Wundergeschichten und Gleichnisse – Ausdruck von Erfahrung der Lebens- und Menschenfreundlichkeit Gottes“. So lautet die Überschrift der Unterrichtsreihe für die 8. Klasse des Gymnasiums, die, bezogen auf die Bartimäusperikope, noch erweitert werden kann: „Glaube kann mobilisieren.“ Hinsichtlich der Reaktion Jesu waren sich fast alle Schülerinnen und Schüler einig: „Der ist schon ein toller Typ; der hat eine Antenne für die Sorgen und Nöte der Menschen.“
 
In der Heiligen Schrift beschließt das heutige Evangelium von der Heilung des Bartimäus – angefangen mit Kapitel 8,27 – den letzten großen Block im Markusevangelium, der mit „Der Weg Jesu nach Jerusalem“ überschrieben ist. Wenn man sich einige Einzelüberschriften innerhalb dieses Blockes genauer anschaut, wie zum Beispiel „Nachfolge und Selbstverleugnung“, „Zweite Leidensankündigung“, „Rang­streit der Jünger“, „Warnung vor der Verführung zum Bösen“, „Reichtum und Nachfolge“, „Dritte Leidensankündigung“ und „Vom Dienen und Herrschen“, dann erkennt man, worauf Markus abzielt: Nur mitgehen, begleiten und nachlaufen sind mit einer wirklichen Nachfolge Jesu nicht vereinbar!
 
Gerade die Menschen, die schon eine gewisse Zeit mit Jesus zusammen sind, zeigen hier, dass sie noch nicht reif sind für eine echte Nachfolge bis zum Kreuz. Erkennbar ist das an ihren Aktionen und Reaktionen in verschiedenen Situationen von Galiläa bis hierhin: „Sie waren vor Furcht ganz benommen“; „Warum konnten wir den Dämon nicht austreiben?“; „… verstanden das Wort nicht, fürchteten sich jedoch, ihn zu fragen.“; „… sie hatten auf dem Weg miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei.“; „Die Jünger aber wiesen die Leute zurecht.“; „Die Jünger waren über seine Worte bestürzt.“; „… die ihm nachfolgten aber hatten Angst.“
 
Wer annimmt, Jesus zu kennen, nur weil er schon eine Zeitlang mit ihm zusammen ist und deswegen glaubt, den Durchblick und die Übersicht zu haben, der befindet sich, wie man so sagt, auf dem falschen Dampfer. Dagegen verweist Markus auf den blinden Bartimäus, dem in seiner Hilflosigkeit etwas wirklich Unerhörtes geschieht: Er setzt sich mit dem, was er über diesen Jesus, den Nazarener, gehört hatte, intensiv auseinander; das heißt, er gelangt zu der Einsicht, dass dieser Jesus wirklich der Messias ist und dass nur er ihm helfen kann. Sein beharrlich herausgerufenes Glaubensbekenntnis: „Sohn Davids, Jesus …!“ kommt an. Getreu dem Sprichwort „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“ verdeutlicht Markus, dass sich bei Bartimäus Eingebung und eigene Erkenntnis zu einem solch innigen Glauben vereinen, dass er sich, nachdem ihm die Augen geöffnet wurden, vorbehaltlos in die Nachfolge Jesu begab.
 
Wie heißt es im Psalm 49,21: „Der Mensch in Pracht, doch ohne Einsicht, er gleicht dem Vieh, das verstummt.“ Damit auch uns die Augen wieder geöffnet werden, ist eine ehrliche Selbstbefragung angebracht, die uns für den Glauben neu motiviert. Dazu gehört auch mehr Mut zum Bekenntnis. Christsein ohne echte Nachfolge ist nicht möglich! Wie sagte einer der Schüler: „Ich hätte mich nicht getraut …“ Trau dich – wie Bartimäus –, ruf ihn an … und lass dich überraschen!
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