23.12.2016

Mensch-Werdung: Eine Anfrage!

Wenn die Liebe Gottes durch uns Hand und Fuß bekommt, dann ereignet sich Weihnachten. Foto: greycoast/photocase

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14). So bringt’s der Evangelist Johannes auf den Punkt, was unseren Verstehenshorizont letztlich übersteigt.

von Alois Schröder

Der ewige und allmächtige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, tritt heraus aus seiner absoluten Transzendenz und taucht in unsere Diesseitigkeit ein, indem er in seinem Sohn unser Fleisch und Blut annimmt. Er wird unser Bruder, lässt sich ohne Abstriche auf unser Leben ein und wird in allem uns gleich außer der Sünde.

Das alles geschieht zu unserem Heil und zu unserer Rettung aus Sünde und Schuld. Sein Weg zwischen Krippe und Kreuz wird zu einem Dienstweg für uns, damit wir „Leben in Fülle“ haben. Das Erlösungswerk Jesu beginnt mit seiner Menschwerdung und gelangt zur Vollendung in seinem Tod am Kreuz. So war es der Wille seines Vaters. Und so unermesslich war die Liebe Gottes zu uns!

Die Menschwerdung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus ist ein singuläres Ereignis in der Geschichte der Menschheit. Und doch ist Weihnachten mehr als ein zu Herzen gehendes, nostalgisches Fest am 25. Dezember. Vielmehr will Jesus immer wieder neu zur Welt kommen, und das auf menschliche Weise; damals durch Maria, seine Mutter, und heute durch uns. Unsere Taufe war wie ein inkarnatorisches Geschehen, wie die „Fleischwerdung des Wortes Gottes“ auf sakramentale Weise. Wir wurden Christus einverleibt und zu einer Wohnung für ihn. Denn: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die … aus Gott geboren sind“ (Joh 1,12f).

In einer Weihnachtspredigt von Papst Leo d. Gr. heißt es: „Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde … durch das Sakrament der Taufe wurdest du ein Tempel des Heiligen Geistes. Verjage nicht durch deine Sünden den hohen Gast, der in dir Wohnung genommen hat …“!

„Weihnachten“ feiern hat Konsequenzen. Die Feier der Menschwerdung Gottes wird zur Anfrage und Aufgabe für uns Christen: Unser Leben lang immer mehr Christus ähnlich werden, indem wir immer liebe-voller und damit gott-voller werden, wie er es einzigartig gewesen ist! Orientiert an ihm, dem Idealtypus des Menschen, wie Gott sich ihn vorgestellt hat, gilt es, „zum vollkommenen Menschen zu werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darzustellen“ (Eph 4,13)!

„Weihnachten“ feiern heißt: Selbstachtung sich selbst gegenüber haben und uns auch mit dem allzu Menschlichen annehmen. Jedem Menschen respektvoll begegnen und alles vermeiden, was seine Würde verletzen oder zerstören kann. Den Schutz und Erhalt des menschlichen Lebens in jeder Phase seiner Existenz vorrangig zu verwirklichen suchen. Und nicht zuletzt unsere Solidarität nicht denen verweigern, die zu den Armen unserer Zeit gehören, in denen uns der menschgewordene Gott begegnen will!

„Weihnachten“ ist mehr als ein Datum im Kalender. „Weihnachten“ ereignet sich immer wieder neu, wenn durch unser Menschsein, durch unsere Menschlichkeit die Liebe Gottes Hand und Fuß bekommt!

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