14.03.2018

Märtyrer und Lebenszeugen

Das Umschlagmotiv des Buches „Sauerländische Lebenszeugen“ stammt aus der Heilig-Geist-Kirche Bielefeld. Es ist eine Kreuzweg­station aus der Werkstatt von Bert Gerresheim und zeigt Simon von Cyrene, dargestellt in Gestalt von Abbé Franz Stock, der Jesus hilft, das Kreuz zu tragen. Foto: Dr. Ansgar Walk

Eslohe. Märtyrer und Zeugen für Christus aus dem kurkölnischen Sauerland stehen im Mittelpunkt eines neuen Buches. Unter dem Titel „Sauerländische Lebenszeugen“ (Zweiter Band) stellt der Theologe und Autor Peter Bürger, der aus Eslohe stammt, in 13 Kapiteln Christen vor, die sich dem Nationalsozialismus entgegenstellten. Damit wolle er „nahe Vorbilder in Erinnerung rufen“, sagt er.

In seinem Geleitwort schreibt Hans-Josef Vogel, Regierungspräsident des Regierungsbezirkes Arnsberg, das Buch ermutige in einer Zeit, „die wieder völkisches rassistisches Denken kennt und ausspricht, in der autoritäres Führertum wieder nachgefragt wird“. Das Buch fordere auf, „dem neu rechten Denken und Handeln frühzeitig entgegenzutreten“. Wichtig sei dabei die Erinnerung an die „Sauerländischen Lebenszeugen“. Diese in den Mittelpunkt der Regionalgeschichte zu rücken, sei ein „tatsächlich universelles Programm im Sinne einer Kultur des Lebens und der Begegnung: ein Programm der Menschenwürde, der Menschenrechte und der Freiheit“.

Peter Bürger schreibt in der Einleitung seines Buches, die Märtyrer seien fast alle durch Denunzianten aus dem nahen Umfeld verraten worden. „Ihr besonderes Kennzeichen: Ablehnung der Kriegsreligion sowie Solidarität mit den Opfern von Judenhass, Rassismus und völkischem Wahn.“

Zu den porträtierten Märtyrern gehört Pfarrvikar Otto Günnewich (Eslohe-Salwey). Er wurde im KZ ermordet, weil er am Fronleichnamsfest trotz Verbot das „Sakrament der Liebe“ in den öffentlichen Raum getragen hatte. Die ehemalige Finnentroper Modeverkäuferin Sr. Angela Maria Autsch (1900–1944) wurde bekannt als „Nonne von Auschwitz“. Sie half im Konzentrationslager auch jüdischen und marxistischen Mithäftlingen, den Glauben an das Gute nicht zu verlieren.

Der junge Bäckermeister Josef Quinke (1905–1942) aus Finnentrop-Fretter wurde durch die Tortur der Haft im KZ Sachsenhausen umgebracht. Er hatte unter anderem mit anderen Eingeweihten in einer „Scheunen-­Druckerei“ Predigten gegen die Ermordung von sogenannten Behinderten vervielfältigt. Die subversive Männergruppe im kleinen Dorf Fretter wurde besucht vom späteren Märtyrer Franz Reinisch, der als einziger Priester im ganzen deutschen Reich wegen Verweigerung des Hitler-Eids hingerichtet worden ist.

Der Herrntroper Bauernsohn Carl Lindemann (1917–1944) kam unter das Fallbeil, weil er einen Witz über Goebbels erzählt hatte. Der Adelige Ferdinand von Lüninck (1888–1944), Gutsbesitzer in Ostwig und zunächst selbst ein Anhänger Hitlers, wurde nach seiner Abkehr vom Nationalsozialismus vom berüchtigten Volksgerichtshofspräsidenten Roland Freisler zum Tode verurteilt. Den Franziskanerpater Kilian Kirchhoff (1892–1944) aus Rönkhausen schickte der Richter wegen „Wehrkraftzersetzung“ und Beleidigung von NSDAP-­Prominenten auf das Schafott. Vor einigen Jahren sind seine Briefe an eine Jüdin aufgetaucht. Der aus Sundern stammende Landwirtschaftslehrer Dr. Josef Kleinsorge (1878–1945) musste sterben, weil die Nazis auch im Münsterland den christlichen Einfluss im Schulwesen ausmerzen wollten. Der Dortmunder Friedrich Karl Petersen (1904–1944) sollte eine Seelsorgestelle in Eslohe-Reiste antreten. Doch die Nazis schickten ihn ins KZ Dachau, das er nicht mehr lebend verlassen konnte. Sein Grabkreuz steht in Schmallenberg.

Gegen die Zwangssterilisierungen protestierte der Arnsberger Propstdechant Joseph Bömer (1881–1942), der während eines Gerichtsverfahrens viel Solidarität aus der Bevölkerung erfuhr. Er ist allerdings eines natürlichen Todes gestorben. Als „Sauerländische Friedensboten“ der NS-Zeit werden in einem dokumentarischen Anhang auch Pfarrer Peter Grebe (Kirchhundem-­Kohlhagen), Josef Rüther (Brilon) und Abbé Franz Stock aus Neheim berücksichtigt.

Das Buch enthält neben den Kapiteln von Peter Bürger auch Texte von Sigrid Blömeke, Volker Kennemann, Arnold Klein, Dieter Riesenberger und Gisbert Strotdrees.

Info

Peter Bürger: Sauerländische Lebenszeugen – Friedensarbeiter, Antifaschisten und Märtyrer des kurkölnischen Sauerlandes. Zweiter Band. Norderstedt 2018. ISBN: ­978-3-7460-9683-4 (Umfang: 488 Seiten; Preis: 15,99 Euro), erhältlich in den Bonifatius-Buchhandlungen Paderborn und Dortmund sowie in jeder anderen guten Buchhandlung.

Mit diesen Bildern ist auch die neue Ausgabe es Lektorenbuches „Das Leiden unseres Herrn“ illustiert. Hier geht es zur Homepage des Bonifatius-Buchverlages

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