13.09.2018

Hinter Jesus her

In den nächsten Wochen kann man sie wieder sehen: die Meister des „Hinterher“.Foto: Jewgenia Stasiok/pixelio

Auch angesichts von Schwäche und Versagen gilt es, hinter Jesus her zu sein.

von Andreas Rohde

„Geh mir aus den Augen!“ – Das heißt ja so viel wie: „Ich will dich nicht mehr sehen!“, „Ich will dich im Moment nicht mehr im Blick haben!“ So zumindest verstehen wir es heute. Man kann sich nur wundern, dass Jesus so etwas Harsches zu Petrus sagt, der ihn doch ein paar Verse zuvor noch als Messias bekannte. Es sei denn, dieses „Geh mir aus den Augen“ hat noch eine andere Bedeutung.

Schaut man in den griechischen Urtext, entdeckt man Interessantes: Wörtlich übersetzt heißt es dort nämlich: „Geh weg, hinter mich!“ Das ist ein ganz anderer Klang. „Hinter mich!“ – mit genau diesen Worten hat Jesus seine Jünger berufen. Wer Jesus nachfolgen will, der muss hinter ihm hergehen, gewissermaßen in seine Fußstapfen treten. Und in diesem Sinne liest sich das Wort, das Jesus – ohne Zweifel in einem harschen und deutlichen Ton – dem Petrus sagt, anders, nämlich wie eine erneute Berufung.

Die „zweite“ Berufung – warum ist sie notwendig geworden? Petrus hatte als Sprecher der Apostel auf die Frage Jesu, für wen ihn die Jünger hielten, schnell und ohne Umschweife geantwortet: „Du bist der Messias!“ Klingt gut und überzeugend. Aber Petrus hat eine eigene Definition davon, was einem Messias gebührt. Für ihn ist es ganz klar, dass der „Messias“ niemals dem Tod ausgeliefert werden darf, schon gar nicht dem Tod am Kreuz, galt dieser doch als schändlichste Hinrichtungsart der damaligen Zeit. Das ist kein rühmliches Ende für jemanden, von dem sich nicht wenige auch ein politisches Handeln erhofften.

Gott und sein Heilshandeln werden zur Projektionsfläche menschlicher Wünsche – das ist immer wieder die Gefahr. Und auch wenn diese nachvollziehbar sind – Gottes Pläne sind anders. Petrus will sicher Gutes, aber trotz seines Bekenntnisses denkt er in allzu menschlichen Bahnen. Mehr noch, er macht Jesus Vorwürfe und glaubt, ihn durch eine Unterredung von seinem Standpunkt überzeugen zu können.

Das Vertrauen in Jesus erleidet Schiffbruch. So wie beim Gang auf dem See. So wie am Kohlenfeuer während der Verhandlung Jesu. Petrus könnte daran verzweifeln, gäbe es da nicht auch immer wieder das klare und stärkende Wort Jesu. Im Evangelium heute: „Auf, hinter mich!“; beim Gang auf dem See: „Fürchte dich nicht“; nach der Verleugnung: „Simon Petrus, liebst du mich?“ Das sind nicht einfach nur nett gemeinte Worte. Es sind Weckrufe, Umkehrrufe – es sind Erneuerungen und Bekräftigungen der einmal ergangenen Berufung.

Bei Jesus gibt es kein „Geh mir aus den Augen“ im Sinne von „Ich kann und will dich nicht mehr sehen!“. Er löst seinen Blick nicht. Er wendet sich uns zu, er dreht sich zu uns um, er sieht uns an. Er fragt uns, für wen wir ihn halten. Ja, wir sind gefragt, denn Jesus ruft uns nicht nur ein einziges Mal in seine Nachfolge, sondern immer wieder. Gerade dann, wenn es auch bei uns nur Lippenbekenntnisse im Glauben gibt. Oder wenn wir Jesus in das Bild pressen wollen, das wir uns von ihm gemacht haben. Oder wenn wir Gott sagen wollen, was er zu tun habe.

Gerade in unseren schwachen Momenten dürfen wir uns unserer Berufung durch ihn sicher sein. Und wir dürfen neu den Mut fassen, hinter ihm herzugehen, ja sprichwörtlich „hinter ihm her zu sein“ und ihm nachzufolgen. Übrigens erzählt Markus diese Begebenheit genau in der Mitte seines Evangeliums. Das ist kein Zufall! Für wen wir Jesus halten und welche Konsequenzen wir daraus ziehen, ist nämlich auch die Mitte unseres Glaubens.

Zum Autor:

Pastor Dr. Andreas Rohde ist Leiter der Diözesanstelle Berufungspastoral und Spiritual im Pauluskolleg in Paderborn.

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