07.04.2017

Faszinierende Glaubensvielfalt

Bei der „Nacht der offenen Kirchen“ wurde eine faszinierende ­Vielfalt geboten. Hier ein Foto des „Nächtlichen Farbenspieles“ in ­St. ­Liborius. Foto: Körtling

Hamm. Mit der „Nacht der offenen Kirchen“ haben die Gemeinden einen Nerv getroffen: Musik, Kunst- und Architekturgeschichte, besinnliche Texte oder fotografische Angebote sorgten bei vielen Gästen für einen kleinen Kirchen-­Marathon.

von Peter Körtling

In der Liebfrauenkirche hielt Prof. Dr. Hartmut Riemenschneider gleich mehrere Vorträge darüber, wie sich die Marienverehrung in Kunst und Kultur im Lauf der Jahrhunderte gewandelt hat. Ob
Ma­gnificat, Offenbarung des Johannes oder Apokryphen: Die Grundlagen der Mariendarstellungen seien ebenso vielfältig wie wie Wandlungen im Laufe der Zeit. Die Schriften Jacobus de Voragines hätten etwa die Maler und Bildhauer des Hochmittelalters beeinflusst. Doch die Bildnisse seien stets – neben der reinen Kunst – auch Lehrmittel für die breite Masse gewesen. So habe es später immer auch Änderungen gegeben. Selbst die Reformation habe verschiedene Strömungen gezeigt: Neben den Bilderstürmern habe es auch großartige Künstler gegeben. Selbst Luther habe stets von der Muttergottes gesprochen und Lucas Cranach habe in Mitteldeutschland zeitlose Kunstwerke, für beide christlichen Richtungen, produziert.

Noch bis zur Aufklärung sei religiöse Kunst Mittel der Bildungsvermittlung geblieben, was auch Darstellungen Mariens mit der fränkischen Krone oder als Bavaria, zur Unterstützung des Herrschaftsanspruches, zur Folge hatte. Ein kurzer Einblick in die Geschichte der Ikonografie rundete die Vorträge ab. Hervorragend ergänzt wurden die Vorträge von Petra (Flöte) und Johannes Krutmann (Orgel, Orgelpositiv, Cembalo und Klavier), die marienbezogene Musik vom 16. bis 20. Jahrhundert präsentierten. Besonders gut kamen die ausgestellten Kunstwerke Riemenschneiders an, die dieser „zum Anfassen“ durch die Zuschauerreihen wandern ließ.

Doch nicht nur in Liebfrauen gab es etwas zu erleben: „Ich war bereits in der Herz-­Jesu-Kirche und in St. Georg“, sagte Sabine Saurbier, als sie in der St.-Liborius-Kirche das „Nächtliche Farbenspiel“ besuchte. Dort trug Gemeindereferentin Heidrun Menke mehrere stimmungsvolle Texte vor, zwischen denen der Jugendchor „Young Voices“, begleitet von Manuela Wessels am Flügel, eindringliche Lieder wie „Ein Licht in Dir geborgen“, oder „Im Schatten des Kreuzes“ gekonnt sang.

Das Finale bestand aus einer eindrucksvollen Lichtshow, bei der die Kirche in Rot, Blau und Grün erstrahlte, einzelne Scheinwerfer Elemente des Altarraumes stimmungsvoll bestrahlten und ein Projektor für faszinierende Farbenspiele an der Decke sorgte.

Einen völlig innovativen Ansatz verfolgte eine Kooperation des Stadtvorstandes des BDKJ, der Jugendpastoralkonferenz der Stadt, des St.-Franziskus-Berufskollegs, der Marienschule und der Jugendbildung gGmbH des BDKJ: Ihre „Kirche“ befand sich in der Turnhalle der Marienschule. Dort war die „Hüpfkirche“ des BDKJ aufgebaut und ganz nach dem Motto „Finde dein Licht und zeig es“ fand eine spannende Fotoaktion statt.

Die Besucher der abgedunkelten Turnhalle bekamen verschiedene Leuchtmittel und konnten mit einer langzeitbelichtenden Kamera farbige Gemälde schaffen, die anschließend auf eine Leinwand projiziert wurden. Die Bilder zeigten Tore, Herzen und Kreuze und die spontanen Künstler stellten ihre Gedanken und Ideen dazu vor. Cornelia Lohmann, die mit Mann und Tochter zu dieser Veranstaltung kam, zeigte sich überzeugt: „Zuerst war ich etwas skeptisch, aber jetzt finde ich es toll“, sagte Lohmann. Sie habe den Eindruck, mit dieser Aktion erfinde sich Kirche neu.

In der St.-Regina-Kirche in Rhynern konnte dagegen Geschichte bestaunt werden: Heinrich Kämmerling führte die Interessierten durch die romanische Basilika, erklärte den Wehrturm, zeigte das Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert, den Marienaltar und die Kanzel aus der Renaissance oder die Orgel aus dem Jahr 1722, die von der Orgelbauerfamilie Clausing gebaut wurde und auf der an diesem Abend Vincent Vogelsang gekonnt aufspielte. Johann Huber, der mit seiner Frau zuvor die ­St.-Peter-und-Paul-Kapelle sowie die St.-Stephanus-Kirche aufgesucht hatte, fand die Führung höchst interessant: „Ich hoffe, dass diese Reihe fortgesetzt wird, damit wir uns alle anschauen können.“ Pastor Uwe Kolkmann war sehr zufrieden von dem Besucherandrang: „Ich hoffe aber auch, dass unsere Kirchen nicht zu Museen werden, sondern weiterhin lebendige Orte bleiben“, so Kolkmann.

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