10.10.2019

Die Beweise sichern

„Lass Spuren sichern“: Marion Nawrath (l.) und Helga Niemöller (r.) vom Arbeitskreis „Gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ mit Oberärztin Kerstin Todt (Mitte) von der Frauenklinik am ­St.-Ansgar-­Krankenhaus mit dem Plakat zur anonymen Spurensicherung bei sexueller Gewalt. Foto: KHWE

Höxter (KHWE). Sexuelle Gewalt erleben mehr Kinder, Jugendliche und Erwachsene, als jemals zur Anzeige gebracht und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Aus Angst, Scham oder Ekel verschweigen Betroffene oftmals in der ersten Reaktion die Erlebnisse. Die anonyme Spurensicherung im ­St.-Ansgar-­Krankenhaus Höxter ermöglicht es, die Beweise für einen Zeitraum von zehn Jahren zu sichern, um sie eventuell später für eine Strafanzeige zu verwenden.

Betroffene können sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Aufarbeitung und eventuell ein juristisches Vorgehen entscheiden. Oft fühlen sie sich direkt nach der Tat dazu nicht in der Lage.

„Das unsagbar Schreckliche schnellstmöglich zu vergessen, ist ein verständliches Bedürfnis von Menschen“, sagt Sozialpädagogin Helga Niemöller vom Arbeitskreis „Gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ im Kreis Höxter. „Aber aus Erfahrung wissen wir, dass eine Aufarbeitung des Geschehens Betroffenen hilft, die erlebte Gewalt zu einem Teil der Vergangenheit werden zu lassen und damit die Gegenwart zu entlasten.“
„Wichtig ist, sofort zu uns zu kommen, noch vor dem Duschen mit allen ungewaschenen Kleidungsstücken“, sagt die Oberärztin Kerstin Todt von der Frauenklinik in St. Ansgar. Sie und ihre Kollegen sind darin geschult, alle körperlichen Verletzungen, etwa Hämatome oder Kratzer, aber auch psychische Verletzungen zu erkennen, K.-o.-­Tropfen nachzuweisen und die Beweise gerichtsverwertbar zu dokumentieren.
„Betroffene haben nichts zu befürchten: Die Nutzung der gesicherten Spuren bleibt ganz und gar in ihren Händen“, betont Kerstin Todt.

Eine Plakataktion macht auf dieses Angebot im St.-Ansgar-­Krankenhaus aufmerksam: Der Arbeitskreis „Gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ konnte die lokalen Busunternehmen gewinnen, Plakate zur anonymen Spurensicherung kreisweit in allen Bussen aufzuhängen.
Je mehr Bürger über die ano­nyme Spurensicherung informiert sind, desto mehr von sexueller Gewalt betroffene Menschen können sich vertrauensvoll an die gynäkologische Abteilung des Krankenhauses wenden.
Vielleicht, auch das ist eine Hoffnung der Initiatorinnen aus dem Arbeitskreis, schreckt die Kenntnis davon, dass Beweise bis zu zehn Jahre gesichert werden können, potenzielle Täter von sexuellen Gewalttaten ab.

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