04.10.2018

Damit der Geduldsfaden nicht reißt

Wichtig ist es, Netze mit anderen Betroffenen zu knüpfen, um nicht allein zu bleiben – Referenten und Veranstalter im Haus „Emma Rose“ (von links): Stephanie Neumann, Herr Bielefeld (Kreis Paderborn), Gerlinde Ehlers-Streit, Dr. Carmen Solbach, Moderator Reinhard Fukerider und Renate Linn. Foto: Flüter

Kreis Paderborn/Bad Wünnenberg. Angehörige von Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, übernehmen eine schwere Aufgabe. Wie sehr, daran ließ der Titel einer Veranstaltung im Haus „Emma Rose“ keinen Zweifel. „Nerven wie Drahtseile – oder wenn der Geduldsfaden reißt …“ hatten die Veranstalter der kreisweiten „Arbeitsgemeinschaft Netzwerk Demenz“ den Nachmittag überschrieben. Er endete mit der Idee, in Bad Wünnenberg eine Gruppe für Angehörige von Menschen mit Demenz zu gründen.

von Karl-Martin Flüter

Stephanie Neumann war nicht überrascht, dass der Saal im Haus „Emma Rose“ gut gefüllt war, als Moderator Reinhard Fukerider vom „Demenz Servicezentrum OWL“ die Veranstaltung eröffnete.

Stephanie Neumann ist Fachbereichsleiterin im Caritasverband Büren und aktives Mitglied des kreisweiten „Netzwerkes Demenz“. Die Arbeitsgemeinschaft hat eine Aktionswoche über Demenz eingerichtet. Zum Programm gehörte auch die Veranstaltung im Haus „Emma Rose“.

Aus ihrem Arbeitsalltag weiß die Fachfrau, dass das strapaziöse Zusammenleben mit demenziell erkrankten Menschen längst kein Einzelschicksal mehr ist – und wie oft Pflegende an die Grenzen ihrer Kräfte kommen.

Um Lösungen zu finden, ist es wichtig, die Krankheit zu kennen. Deshalb erläuterte Dr. Carmen Solbach vom St. Johannisstift Demenz aus medizinischer Perspektive. Dann wurde es praktisch. Die Krankenschwester und Pflegeberaterin Gerlinde Ehlers-­Streit gab Ratschläge für den Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen im Alltag.

Der Schlüssel liegt in der Einfühlung in die Lebenswelt des Erkrankten. Wer alles vergisst, ist verunsichert, desorientiert und reagiert aggressiv oder mit großer innerer Unruhe. Nicht anders ergeht es Menschen mit Demenz.

Ist jedoch das Muster bekannt, das hinter einem irritierenden Verhalten liegt, wird eine angemessene Reaktion leichter. Deshalb ist es von Vorteil, wenn die Lebensgeschichte des Erkrankten, seine Vorlieben, Neigungen und Bedürfnisse bekannt sind. Manchmal ergeben sich dann verblüffend einfache Lösungen. So hilft es, auf oft unbewusste Gewohnheiten zu bauen. Wenn ein Demenzkranker das Trinken verweigert, kann es reichen, einfach „Prost“ zu sagen und ein Glas zum Mund zu führen. Aus angelernter Höflichkeit trinkt der Erkrankte gerne mit.

Einige Prinzipien für den Umgang mit „schwierigem Verhalten“ erleichtern den Alltag. Dazu gehört es, auf Diskussionen zu verzichten, ruhig zu bleiben und das Problem aus dem Blickfeld des Menschen mit Demenz zu sehen.

Damit die Verständigung wirklich gelingt, sollte man darauf achten, langsam und deutlich zu sprechen, Mimik und Gestik eindeutig einzusetzen und eine einfache Sprache zu verwenden.

Trotz dieser wertvollen Ratschläge bleibt der Umgang mit Menschen mit Demenz eine Herausforderung. Diese zu bestehen ist einfacher, wenn sich Betroffene Rat, Unterstützung und auch mal Trost bei anderen Menschen holen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden. Auch in Bad Wünnenberg könnte eine Gruppe entstehen, in der sich Angehörige von Menschen mit Demenz treffen. Renate Linn vom „Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe“ unterstützt die Gründung solcher Gruppen. Sollten sich in Bad Wünnenberg Interessierte finden, leistet sie Aufbauhilfe.

Info: Kontaktbüro für die Selbsthilfegruppe: 0 52 51/3 90 22 01

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